Einzelhandel in Neuss Zum 30. Juni gehen bei Galeria in Neuss endgültig die Lichter aus
Seit Montag ist es offiziell: Im letzten großen Kaufhaus in der Innenstadt geht das Licht aus. Die Begründung der Unternehmensleitung nennt der Bürgermeister kaum nachvollziehbar. Erste Reaktionen und Einschätzungen.
Wegen einer außerordentlichen Betriebsversammlung wurde die Galeria Kaufhof am Montag um 13.30 Uhr geschlossen – und blieb es für den Rest des Tages. Denn nach der Nachricht, die die Betriebsratsvorsitzende Rebecca Groppe zu verkünden hatte, wollte sie ihre Kolleginnen und Kollegen nicht zurück an die Arbeit schicken. Es war die Nachricht vom endgültigen Aus. In dem Sanierungsplan, den der Aufsichtsrat des Warenhauskonzerns am Montag veröffentlichte, spielt Neuss keine Rolle mehr – so wie weitere 51 von derzeit noch 129 Standorten bundesweit auch.
„Geknickt aber auch erleichtert“, fasst Groppe die Stimmung ihre Kolleginnen und Kollegen zusammen. Denn die Zeit der Ungewissheit ist vorbei. „Das lange Warten hat am meisten zermürbt“, sagt Groppe, die selbst schon ein Vierteljahrhundert im Unternehmen ist. Was nun kommt, das kennt sie deshalb schon aus dem vor gut zwei Jahren – und damals nur knapp abgewendeten – Schließungsverfahren: Transfergesellschaft, Abfindungsangebote und bald schon der Räumungsausverkauf. Aber dazu kennt sie noch keine Details.
Die Galeria schlittert seit Jahren von einer Krise in die nächte und befindet sich akut in einem so genannten Schutzschirmverfahren, bei dem die Geschäftsführung gemeinsam mit einem Insolvenzverwalter an einer Restrukturierung arbeitet. Aus ihrer Konzernzentrale wurde am Montag auch Martin Straaten angerufen. Dem Vorstand der Gesellschaft für Buchdruckerei (BfG), die alleinige Besitzerin der Galeria-Immobilie ist, wurde die Kündigung des erst 2027 auslaufenden Mietverhältnisses zu Ende Juni angekündigt. Er sei überzeugt, sagt Straaten, dass sich ein neuer und solventer Mieter, der für die 10 000 Quadratmeter Verkaufsfläche Verwendung hat, wohl kaum finden dürfte. Er wolle nun den Tag der Übergabe abwarten und danach eine Bestandsaufnahme für das aus den 1970er Jahren stammende Gebäude machen, sagt Straaten. Man sei offen für Gespräche über eine Nachnutzung, betont der BfG-Vorstand, fügt aber gleich hinzu: „Eine Mischnutzung ist wohl das, was am ehesten Erfolg verspricht.“ Aber auch das bedeute erhebliche Investitionen.
Bürgermeister Reiner Breuer wurde vom Generalbevollmächtigten des Warenhauskonzerns schriftlich informiert. „Leider hat die Galeria am Standort Neuss in den Pandemiejahren überproportional an Umsatz verloren“, wird in dem Schreiben als ein Grund zur Schließungsentscheidung vorgetragen. Die Filiale Neuss habe eine deutlich zu große Verkaufsfläche, die Flächenauslastung liege „signifikant unter dem Unternehmensschnitt“. Nach eingehender Prüfung, so die Konzernführung, sei die Filiale – „auch mit allen denkbaren Anpassungen beziehungsweise konzeptionellen Weiterentwicklungen des Betriebskonzeptes“ – nicht dauerhaft wirtschaftliche tragfähig.
Bürgermeister Reiner Breuer kann das nur schwer akzeptieren. Er persönlich könne die Begründung nicht nachvollziehen, betont Breuer – und schießt zurück. Nach der abgewendeten Schließung und der Fortsetzung des Mietverhältnisses vor zwei Jahren hätte er erwartet, dass die Galeria investiert um die Filiale auf einen modernen Standard zu bringen. Doch nichts von alledem sei passiert, sagt er. „Da muss man sich nicht wundern.“
Politiker aller Parteien brachten in ersten Stellungnahmen ihre Solidarität mit den Galeria-Beschäftigten zum Ausdruck. „Das ist traurig für die Belegschaft, die soviel Standhaftigkeit und Kampfgeist gezeigt hat“, sagt Jan-Philipp Büchler (CDU) stellvertretend. Diesem Bedauern schließt sich der Bürgermeister an. Es sei entttäuschend, dass die Entscheidung so gefallen ist, sagt Breuer. Es sei offensichtlich nicht gelungen, eine Zukunftsperspektive zu finden – „was ich für möglich gehalten habe und halte“. Nun sei der Eigentümer gefordert, eine Nachnutzung zu finden, die der Zentraltität des Standortes entspricht, sagt Breuer, der das Thema am Dienstag auf die Tagesordnung des Hauptausschusses bringen wird.