Neuss: Eine City ohne Straßenbahn?

Wenn Neuss die 709 aus der Fußgängerzone verbannt, will die Rheinbahn die Verbindung kappen.

Neuss. In zwei Wochen sind die Neusser aufgerufen, ihre Stimme bei einem Ratsbürgerentscheid abzugeben. Ein solches Instrument, bei dem die Initiative nicht aus der Bürgerschaft, sondern von seiten der Politik kommt, gibt es zwar noch gar nicht, die Landesregierung plant die Einführung erst mit Änderung der Gemeindeordnung. Das hindert die Stadt Neuss aber nicht, mit einer solchen Abstimmung die Meinung der Bürger über Verbleib oder Herausnahme der Straßenbahn aus der Innenstadt zu ergründen.

Gegner und Befürworter des Status quo haben sich organisiert. Auf der einen Seite die Ratsmehrheit, an ihrer Seite IHK und die Einzelhändlergemeinschaft. Dem steht eine von Grünen und BUND formierte Initiative Pro 709 gegenüber, außerdem die Düsseldorfer Rheinbahn, die massiv in die Auseinandersetzung eingreift. Beiden Seiten dient als Hauptargument die Attraktivität der Innenstadt: Die dringend notwendige Attraktivitätssteigerung sei mit der Straßenbahn unmöglich, heißt es, und ebenso: Die Linie 709 sei die große Chance für den innerstädtischen Handel. Da fallen Argumente wie Umwelfreundlichkeit einerseits oder die mögliche Gefährdung der Passanten andererseits kaum ins Gewicht.

Der Einzelhandel in der Neusser Innenstadt hat Probleme wie andernorts auch. Aber er hat eine Straßenbahn! Und die zählt eben nicht zu den Problemen, sondern zu den Vorteilen dieser Innenstadt. Eine Linie, die Kunden an den Schaufenstern vorbeiführt, sie direkt vors Geschäft bringt. Die außerdem umweltfreundlich die Pendler von und nach Düsseldorf fährt. Jetzt soll sie weg aus der Innenstadt, meint eine einflussreiche Gruppe in der Stadt, müsse doch jede Weiterentwicklung der Fußgängerzone an der Linie 709 scheitern.

Muss sie nicht, ganz im Gegenteil. Hoffentlich müssen die Neusser nicht bald bedauern, dass sie ohne Not einen Standortvorteil aufgegeben haben.

Die Linie 709 fährt von Düsseldorf Gerresheim zum Südfriedhof, über die Frings-Brücke zum Rheinparkcenter, durch die Fußgängerzone bis zum Neusser Hauptbahnhof und Theodor-Heuss-Platz. In die Innenstadt fahren 800 Gäste täglich.

Die Rheinbahn schließt nicht aus, die Linie bei einer Herausnahme aus der Neusser Innenstadt schon auf Düsseldorfer Seite am Südfriedhof enden zu lassen.