Neuss: Essen wie die alten Römer
Die Aktion des Vereins „Projekt Lebendige Geschichte“ begeisterte die Besucher.
Neuss. Ungewöhnliche Gerüche ziehen am Sonntag durch die Säle des Clemens-Sels-Museums. Die Besucher können deutlich den Geruch von Knoblauch und frischen Kräutern wahrnehmen. Grund dafür ist die Veranstaltung "Römische Küche im Experiment" - passend zur aktuellen Römer-Schau.
Sylvia Crumbach, Silvia Ungerechts und Katrin Auer, Mitglieder des Vereins "Projekt Lebendige Geschichte", haben einen Stand mit typischen Lebensmitteln der damaligen Zeit vorbereitet.
Angeboten werden getrocknete Äpfel oder Oliven. "Deren Zubereitung hat sich seit Homer nicht verändert", erläutert Sylvia Crumbach.
Zum Naschen gibt es Holzapfelscheiben und getrocknete Maulbeeren. Die drei Jahre alte Carla greift immer wieder in die Schüssel, während ihre Mutter sich die Herstellung des römischen Moretum erklären lässt.
Das Moretum, ein Käsegericht aus Schafskäse, Knoblauch und allen verfügbaren Gartenkräutern, wird von Katrin Auer zubereitet und sorgt für einen intensiven Geruch. Die Köchin ist in die traditionelle Kleidung einer vermögenden Ubierin gehüllt.
"Die damalige römische Küche steht unserer heutigen in nichts nach", sagt Crumbach. "Sie ähnelt der mediterranen Küche, wie wir sie heute kennen. Allerdings ohne Tomaten und Paprika, die erst später angebaut wurden."
Die Römer haben viel Olivenöl und Garum verwendet, eine Fischsoße, die fast wie Maggi schmeckt. Honig und Pfeffer dominierten. Einige Zutaten der römischen Küche gibt es heute nicht mehr, wie zum Beispiel das Sylvio, eine im 1.Jahrhundert ausgestorbene Pflanze.
Die Veranstalterinnen können nicht nur viel Wissenswertes zu den Speisen und Rezepten erzählen. Sie geben auch Tipps, wo man seltene Zutaten kaufen kann.
Das Brot, das nach alten Rezepten auf Lorbeerblättern gebacken wird, hat Crumbach zwar in einem herkömmlichen Ofen gebacken, aber die "Herstellungsweise ist ähnlich wie damals".
Bei den Römern ging es beim Kochen aber nicht nur romantisch und beschaulich, sondern auch schon industriell zu. Schon damals habe es "Brotfabriken" gegeben, in denen acht Öfen nebeneinander standen.
Die Rezepte finden Crumbach und ihre Kolleginnen teilweise in Gedichten, wie etwa die Zubereitung des Moretum. Eine gute Quelle sei die im Vatikan gefundene Abschrift des Kochbuchs des Apicius.
"Als dessen Vermögen auf zehn Millionen Sesterzen geschmolzen ist, hat er sich umgebracht", berichtet Crumbach. "Ausschweifenden Feste hätte er mit dem Geld nicht mehr feiern können".
Die Handhabung der Originalrezepte sei allerdings schwierig, denn sämtliche Rezepte seien ohne Mengenangaben überliefert.
Die Begleitveranstaltung des Museums kommt nicht nur bei älteren Besuchern gut an, auch Henri Smidt (12), seine Schwester und die Eltern sind extra ins Museum gekommen. Er interessiert sich sehr für die Römerzeit und will einmal Koch werden.
Ihm hat zwar nicht alles geschmeckt, was er probiert hat, aber insgesamt findet er es sehr spannend. "Witzig, dass die Römer und Ubier auch Eicheln gegessen haben."