Neuss: Interview mit Jörg Geerlings
Der wieder gewählte CDU-Parteivorsitzende Jörg Geerlings zur Diskussionskultur und Geschlossenheit.
WZ: Herr Geerlings, Sie sind mit 94,5 Prozent als Parteichef wiedergewählt, der Aufsichtsrat der Stadtwerke hat sie zum Vorsitzenden bestimmt. Sind Sie zufrieden? Geerlings: Ja, sehr. Besonders das erneut in mich gesetzte Vertrauen der CDU-Mitgliederversammlung hat mich gefreut. Vor zwei Jahren war ich ja noch neu. Jetzt fühle ich mich wirklich bestätigt. WZ: Welches Amt ist schwieriger? Geerlings: Das komplexere ist das des CDU-Vorsitzenden. Kommunalpolitik, Bundes- und Landesthemen, der organisatorische Zusammenhalt, repräsentative Aufgaben: Für ein Ehrenamt ist das schon ein Pfund. WZ: Zum Thema Stadtwerke: Zentrales Thema ist natürlich die Fusion. Wird sie zustande kommen? Geerlings: Ja. WZ: Die Stadtwerke Düsseldorf wollten einsteigen. Denken Sie wie Bürgermeister Napp, es habe kein "annahmefähiges Angebot" gegeben? Geerlings: Nein, es gab ein prüfungswürdiges Angebot, wir haben uns das ja angesehen. Aber es entsprach nicht unseren Vorgaben eines vorrangig kommunalgeprägten Unternehmens. Und es besorgt uns, dass mehrheitlich mit EnBW ein privater Anbieter dahinter steht. WZ: Bei ihrer Wahl zum Parteichef gab es, so Heinz Günter Hüsch, ein "fast ostzonales Ergebnis". Es wurde nichts gefragt, nicht diskutiert. Gibt es in der CDU keine Kultur der Auseinandersetzung? Geerlings: Doch. Im Parteivorstand haben wir um diverse Fragen gerungen, es gab Diskussionen in Arbeitskreisen und im Fraktionsvorstand. Und ich habe in meinem Bericht alles klar angesprochen. Dass da nicht noch diskutiert wurde, war wohl die Ruhe nach dem Sturm. WZ: Der "Sturm" war auf internen Streit zurückzuführen, der im Rücktritt des Stadtverordneten Irnich gipfelte. Sind die Wogen geglättet? Geerlings: Die Basis ist jetzt da. Niemand hat ja die Kompetenzen von Karlheinz Irnich angezweifelt, und ich bin froh, dass er in der Parteiarbeit weiter mitmacht. Es ging leider um persönliche Dinge. Wir werden das aufarbeiten. WZ: Es ging auch darum, wie er als SWN-Aufsichtratsvorsitzender die Fusion vorangetrieben hatte. Haben Partei und Fraktion ihren Frieden damit gemacht?Geerlings: Ja. Natürlich, es gab Kritik. Aber wir haben dieses komplexe Thema ausgiebig aufgearbeitet. Darum habe ich mich gekümmert. WZ: Und jetzt ist tatsächlich die ganze Fraktion dafür? Geerlings: Ich glaube, es sind alle überzeugt, zumindest, sich dem Mehrheitsbeschluss anzuschließen. Entscheidend ist, dass wir die Auseinandersetzung geführt haben. Im Anschluss muss man aber mehrheitlich ein von allen getragenes Ergebnis finden. Das hat sich im Rat ja gezeigt. WZ: Sie sind als Nachfolger von Karlheinz Irnich Aufsichtsratschef. Sind Sie auch Finanzexperte der Fraktion? Geerlings: Ich sehe mich da eher als Teamspieler. Wir, Klaus Karl Kaster und ich, bearbeiten das transparent und gemeinsam. WZ: Ist es nicht ohnehin eine Hauptaufgabe, mehr Transparenz in der Fraktion herzustellen? Geerlings: Ja, stimmt. Da muss der Korpsgeist erhalten bleiben. Man sollte in der Fraktion nicht immer alles in Frage stellen oder anderen gleich Herrschaftswissen unterstellen. Wichtig ist, dass wir nach ausführlicher Diskussion in der Fraktion entscheiden und nicht prüfen, wieder prüfen und noch ein Gutachten einholen. Am Ende der Diskussion muss eine gemeinsam getragene Entscheidung stehen. WZ: Wie ist das Verhältnis der CDU-Fraktion zum CDU-Bürgermeister? Geerlings: Freundschaftlich-kritisch. WZ: Die Opposition weist gern darauf hin, die Fraktion ließe sich von Herbert Napp an der Nase herumführen... Geerlings: Als Stadtrat haben wir Verwaltung und Bürgermeister zu kontrollieren und kritisch zu hinterfragen. Das machen wir als CDU-Fraktion. Natürlich hat der Bürgermeister manchmal einen zeitlichen Vorsprung. Aber: Herbert Napp ist ein CDU-Bürgermeister, und das kann man an seiner Handschrift auch deutlich erkennen. WZ: Ihre Voraussage-Fähigkeit als Stadtpolitiker ist gefragt. Wird die Linie 709 im Hauptstraßenzug bleiben? Geerlings: Sie bleibt in der Stadt. Aus dem Hauptstraßenzug geht sie raus. WZ: Ist das Case-Gelände am Hafen in drei Jahren voll bewirtschaftet? Geerlings: Das wäre gut für die Stadt und zeigt sich in Kürze. WZ: Werden Rheinisches Landestheater und Theater am Schlachthof trotz Zuschusskürzung überleben? Geerlings: Ja. WZ: Wer ist nächster CDU-Bürgermeister-Kandidat? Geerlings: Das entscheidet die CDU-Mitgliederversammlung Anfang 2009. WZ: Werden Sie der nächste Bürgermeister sein? Geerlings: Mein Favorit ist Herbert Napp.