Neuss: Osterbräuche - Als der Hase katholisch wurde

Vom Kerzen-Entzünden und Eiersegnen: Manfred Becker-Huberti berichtet über Traditionelles zum Fest.

<strong>Neuss. Vor 20 Jahren noch galt das Interesse an heimischen Osterbräuchen als Volkstümelei. Seit einiger Zeit aber, so erfährt es Manfred Becker-Huberti, werden Nachfragen wieder ernst genommen. Was tun wir, und warum tun wir es? Fragen, die nicht nur zu Weihnachten, sondern zunehmend vor Ostern wieder gestellt werden. Der Spezialist für religiöses Brauchtum kennt Antworten.

Der Name: Eos, nicht Ostara

Immer zu lesen, nach wie vor falsch: Der Namen Ostern rührt nicht von der römischen Göttin Ostara her. Die Menschen seien halt im Abschreiben nicht geübt, kommentiert Becker-Huberti die immer neuen Erklärungen: Denn die älteste Quelle ist im Konjunktiv verfasst. Beda Venerabilis schrieb im 8. Jahrhundert, der Name könnte von dem der Göttin abgeleitet werden. Tatsächlich aber gab Eos, griechisch für die Morgenröte, den Ausschlag. Eos, Eostre, Easter, Ostern. Die Morgenröte benennt die Heilige Nacht, nach der vor Weihnachten die zweite Nox sacratissima im Kirchenkalender. Die aufgehende Sonne steht für den neugeborenen Jesus ebenso wie für den auferstandenen Messias.

Das Licht: Kerze in der Osternacht

Beim Osterfest als der ältesten kirchlichen Feier steht das Licht im Mittelpunkt. Dunkel bleiben die Kirchen zuvor, ab Gründonnerstag gibt es kein Glockengeläut. Das Feuer wurde früher in der Osternacht aus Steinen vor der Kirche geschlagen, mit dem Feuer entzündete man die Osterkerze und trug sie in die Kirche - Sinnbild des neuen wiederauferstandenen Lebens. Das Entzünden der Kerzen ist geblieben, und Becker-Huberti erkennt eine deutliche stärkere Teilnahme an Gottesdiensten in dieser Heiligen Nacht als noch vor Jahren.

Das Fastenbrechen: Geweihte Eier zum Frühstück

Einen anderen alten Brauch nehmen katholische Gemeinden auch im Rhein-Kreis zunehmend wieder auf: Nach der Ostermesse trifft man sich zum gemeinsamen Fastenbrechen, zum gemeinsamen Frühstück. In früheren Zeiten brachten die Gemeindemitglieder ihre Körbchen mit in die Kirche: Speck, Brot und Salz waren darin, und natürlich gekochte und bemalte Eier. Der Geistliche vollzog die Speisenweihe - und zum Frühstück am Ostertag gab es gesegnete Eier. In St. Marien zum Beispiel gibt es diese Segnung von Osterbroten und Eiern noch, verzehrt werden sie beim gemeinsamen Frühstück im Gemeindezentrum. Die Menschen früher kannte einen kleinen Trick: Die Eier wurden angetitscht - so kam der Segen leichter hinein.

Die Ostereier: "Flüssiges Fleisch"

Womit Becker-Huberti auf einen zentralen Punkt der Osterbräuche kommt. Einerseits galt das Ei, aus dessen zerbrechlicher Schale neues Leben dringt, als Symbol der Auferstehung. Andererseits waren im Mittelalter, als Eier als "flüssiges Fleisch" galten und den Fastenden verboten waren, zu Ostern überreich vorhanden. Uralt ist der Brauch, Ostereier zu verschenken, er stammt aus der Zeit vor dem großen Schisma von 1054. Noch heute verteilen die orthodoxen Popen nach der Ostermesse rotgefärbte Eier. Der Brauch hat sich bekanntlich, wenn auch in anderer Form, gehalten. Dabei unterscheidet Becker-Huberti augenzwinkernd zwischen "katholischen und evangelischen Ostereiern". Das Verschenken der gefärbten Eier sei im Katholizismus "Ergebnis der Werkgerechtigkeit des Fastens". Da in der evangelischen Kirche das Fasten vor Ostern nicht vorgesehen sei und so auch in der Kirche keine Eier gesegnet wurden, kam es zu dem Brauch, im Garten nach versteckten Eiern zu suchen.

Der Osterhase: Evangelische Erfindung

Wer aber versteckte sie dort? Der Fuchs, der Storch und eben auch der Hase tauchen allmählich aus den evangelischen Regionen Süddeutschlands als Eierbringer auf. Wer sich durchsetzte, ist bekannt. Den Siegeszug auch in die katholischen Regionen hinein trat der Osterhase an, "als die Kindheit entdeckt wurde", wie Manfred Becker-Huberti sagt. Kinderbücher kamen auf den Markt - ungeschlagen ist bis heute die immer wieder neu aufgelegte "Hasenschule" -, Zucker wurde auch aus Rüben hergestellt und damit preiswert, Schokolade als Hohlform entwickelt.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein sei der Osterhase im katholischen Rheinland völlig unbekannt gewesen, erklärt der Brauchtumsexperte. Erst in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts setzte sich der Osterhase allmählich auch in den katholisch geprägten Regionen durch.

Dennoch: Man werde sich nicht wechselseitig die Ernsthaftigkeit des Weges streitig machen, so der Mann der Kirche: "Schließlich wollen wir doch alle in den Himmel."