Neuss: Tischerücken im Rathaus

Künftig sechs Fraktionen. Für sie stehen etwa 500.000 Euro als Zuwendung bereit.

Neuss. Es wird verschoben und gerechnet, Kabel sind noch zu verlegen, und am schwierigsten zu bewerkstelligen: die Sitzordnung. Denn nicht jeder will im Ratssaal neben jedem Platz nehmen. Eine Woche, bevor sich der neue Stadtrat konstituiert, hat die Verwaltung noch jeden Menge zu tun.

Da der Stadtrat größer wird, muss auch noch der buchstäblich letzte Stadtverordneten-Stuhl genutzt werden. Von den vier Überhangmandaten - da die CDU mehr Direktmandate gewonnen hat, als ihr nach dem Gesamtergebnis zustanden, entstanden zusätzliche Sitze - profitieren die "Kleinen". Zentrum, UWG und DU (Die Unabhängigen) sind mit jeweils einem Mandat vertreten. Und wo sitzen deren Stadtverordnete?

Schwierig, gibt Gottfried Dorschner zu, der als Leiter des Büro der Stadtvertretung mit der Planung betraut ist. Die UWG, mag nicht neben dem einst "abgespaltenen" Gerhard Quentin (DU) sitzen. Und die Grünen haben bereits beim Bürgermeister angekündigt, ein Platz zwischen SPD und Linken sei ihnen eindeutig zu weit links außen. Da ist noch einiges zu klären.

Fest steht, dass es künftig gleich sechs Fraktionen im Stadtrat geben wird. Nach der neuen Gemeindeordnung ist das schon bei einer Zweier-Konstellation möglich. So gibt es neben CDU, SPD, FDP und Grünen auch eine Fraktion der Linken sowie eine der beiden Abgeordneten von Zentrum und UWG, die sich dazu zusammengeschlossen haben.

Das hilft nicht nur bei einem Sitz im Ausschuss und beim Rederecht, sondern vor allem finanziell. Die Städte statten die ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitiker mit einer Aufwandsentschädigung - in Neuss 2008: 515.000 Euro) aus und stellen darüber hinaus Fraktionszuwendungen bereit.

In Neuss ist das ein Sockelbetrag von gut 10.000 Euro pro Jahr, gleich wie stark die Fraktion ist, ein Sachkostenzuschuss von 1.058 Euro im Jahr je Mitglied sowie ein Personalkostenzuschuss für insgesamt 8,5 Stellen, die nach Fraktionsstärke aufgeteilt sind. Die Spanne reicht dann von etwa 22.300 Euro für eine Mini-Fraktion bis zu knapp dem Zehnfachen für die Mehrheitsfraktion. Insgesamt summierten sich diese Fraktionszuwendungen im Jahr 2008 auf 450.000 Euro.

Die Stadtverordneten selbst erhalten, das schreibt die Gemeindeordnung vor, eine Entschädigung von jetzt 338 Euro monatlich und je Sitzung 17,30 Euro. Die Fraktionsvorsitzenden bekommen dazu noch 850 Euro, die Chefs der Fraktionen mit mehr als zehn Mitgliedern 1.275 Euro.

Ratsmitglieder können zudem noch einen - nachweisbaren - Verdienstausfall geltend machen. Hier gilt ein Höchstsatz von 30 Euro pro Stunde. Das werde allerdings eher selten beantragt, erläutert Gottfried Dorschner. Schließlich beginnen die Ausschusssitzungen um 17 Uhr, die Ratssitzungen freitags um 16 Uhr.

So wird sich auch am kommenden Freitag der Rat um 16 Uhr konstituieren. Bleibt zu hoffen, dass dann jedem der 62 Stadtverordneten auch der Nachbar zusagt.