Neuss: Vor der Renaissance der Binnenhäfen

WZ-Interview: Hafen-Geschäftsführer Ulrich Groß zu bevorstehenden Beteiligung am Krefelder Hafen.

Neuss: WZ: Herr Gross, das Gericht hat den Widerspruch aus Duisburg zurückgewiesen. Die Neuss-Düsseldorfer Häfen (NDH) dürfen sich am Krefelder Hafen beteiligen. Erleichtert? Gross: Ja, ich bin hochzufrieden und glaube wieder an die Gerechtigkeit in der Rechtsprechung. WZ: Die NDH schreiben eine Erfolgsgeschichte, der Krefelder Hafen dümpelt. Warum ist er so attraktiv? Gross: Ganz einfach. Krefeld hat, was wir nicht haben. Erstens freie Flächen. Und zweitens eine unschätzbare nautische Position: Der Rhein ist bis Krefeld vertieft. Und da wir nach Expertenmeinung in zehn, 20 Jahren ein Niedrigwasserproblem bekommen könnten, ist das ein zusätzlicher Pluspunkt. WZ: Die NDH werden Minderheitengesellschafter, aber der Anteil liegt bei 49,9 Prozent. Wird künftig in Neuss und Düsseldorf beschlossen, wo es in Krefeld langgeht? Gross: Es wird kooperativ beschlossen. WZ: In Neuss betreibt die Hafengesellschaft einen eigenen Umschlag, Der fehlt in Krefeld. Gibt es schon Pläne? Gross: Ja. Unsere Zielrichtung ist, auch dort einen eigenen Umschlag aufzubauen. Wir wollen uns auch in Krefeld horizontal an der Logistikkette beteiligen, wie wir sagen. WZ: Das heißt konkret? Gross: In fünf Jahren wollen wir in Krefeld mindestens fünf eigene Kräne haben. Und natürlich entsprechend Personal aufbauen. WZ: Investieren die Neuss-Düsseldorfer Häfen in den Krefelder Hafen? Gross: Nein! Die Investitionen kommen aus der neuen Krefelder Hafengesellschaft. WZ: Werden die NDH dann nicht unter Umständen Kunden in Richtung Krefeld verlieren? Gross: Nein. Wir haben wirklich keine Fläche mehr, und unsere Kräne sind ausgelastet. Wir sind quasi ausverkauft. Und das ist wohl das Schlimmste, was einem Dienstleister passieren kann: nein sagen zu müssen. Das ist jetzt vorbei. WZ: Lässt sich künftig von den Neuss-Düsseldorfer-Krefelder Häfen reden? Gross: Nein, es handelt sich nicht um eine Fusion. Es wird weiterhin strikt getrennte Unternehmen geben. WZ: Ein Blick in die Zukunft. Wie werden sich in den nächsten Jahren die Häfen als Knotenpunkt der Logistik entwickeln? Gross: Aus meiner Sicht werden wir eine Renaissance der Binnenhäfen erleben. Die Transporte auf der Straße werden teurer, während der Konsument immer weniger Geld zur Verfügung hat. Die Industrie und die großen Ketten müssen bei den Logistikkosten sparen. Und bekanntlich liegen diese Kosten bei Binnenschiffen um zwei Drittel unter denen der Straße, auf der Schiene um ein Drittel niedriger. WZ: Welche Warengruppen trifft diese Entwicklung besonders? Gross: Falls es bei der derzeitigen Energiepolitik der Bundesregierung bleibt, wird es immer mehr Importkohle geben. Außerdem wird viel Eisenerz und Kalk über die Häfen transportiert. Und natürlich der Containerumschlag! Die Menge der Container wird sich, so ist prognostiziert, in den nächsten zehn Jahren verdoppeln. WZ: Auch wenn es nicht direkt die NDH betrifft: Wie bewerten Sie die Zukunftspläne am Hafenbecken 1?Gross: Eine große Fläche ist für Industrie ausgewiesen und besetzt, das ist für die Häfen optimal. Und die geplante Verschönerung an der Hafenseite zur Innenstadt hin hat Stil und Niveau. WZ: Was glauben Sie: Kommt Arcelor auf das Case-Gelände? Gross: Ich wette, dass der Konzern im ersten Halbjahr 2008 unterschreiben wird. Der Standort ist so gut, das lassen die sich nicht entgehen.