Pokémon-Fans gehen auf dem Hauptfriedhof auf Monsterjagd
Auch andere Hotspots sind beliebt. Die Stadt sieht das Treiben gelassen.
Neuss. In den frühen Abendstunden wird es auf dem Hauptfriedhof ganz schön lebendig. Dann kommen die Pokémon-Fans und gehen auf Monsterjagd. Seit das Smartphone-Spiel „Pokémon Go“ die Hitlisten der meistgefragten Apps gestürmt hat, wird auch in Neuss nicht nur an jeder Straßenecke gespielt, sondern es gibt auch Geheimtipps, die unter den Spielern zu den Hotspots zählen. Der Hauptfriedhof ist so ein Ort. Dort gibt es jede Menge sogenannter Poké-Stops. An diesen Punkten können die Spieler für ihre virtuelle Jagd Monsterfallen in Form von weiß-roten Bällen nachladen. Andreas Sourtzinos (27) zückt sein Smartphone und zeigt aufs Display. „Die Poké-Stops gibt’s hier an jeder Ecke“, sagt er.
Der Referendar ist gewissermaßen außerhalb des großen Stroms unterwegs. Er hat gestern Mittag das Grab seiner Großmutter besucht, auch um Blumen zu gießen. Da er sein linkes Knie nach einem Kreuzbandriss trainieren muss, versucht er, viel unterwegs zu sein. Das Smartphone-Spiel hilft dabei, sich die Zeit zu vertreiben. „Für die Bewegung ist es ganz gut“, sagt Sourtzinos und lacht. „Außerdem bleibt genug Zeit für sinnvollere Dinge — und von denen gibt es genug.“
Andreas Sourtzinos ist kein Dauer-Spieler. Klar sei Pokémon Go im Freundeskreis ein großes Thema, via WhatsApp erfolgt der Austausch. Zu hoch möchte Sourtzinos das aber nicht hängen. Zumal sein Interesse am Spiel noch einen anderen Grund habe. „Nach der schulfreien Zeit geht’s auch mit dem Unterricht wieder los. Ich finde es wichtig, zu wissen, womit sich die Schüler beschäftigen — und Pokémon Go gehört ganz sicher dazu.“ Der Referendar hat auch schon den großen Hauptfriedhof-Ansturm am Abend mitbekommen.
Bei der Stadt sieht man das Pokémon-Go-Fieber gelassen. Michael Kloppenburg, Leiter des städtischen Presseamts, bestätigt, dass regelmäßig Pokémon-Spieler das 50 Hektar große Areal des Hauptfriedhofs ansteuern. „Es gibt aber bislang keine Beschwerden. Und so lange sich alle angemessen benehmen und zum Beispiel nicht über Gräber laufen, gibt es keinen Grund einzuschreiten“, sagt er. Leben und spielen lassen, lautet das Motto. „Bisher verhalten sich die Pokémon-Go-Spieler rücksichtsvoll, sie respektieren die Friedhofsordnung.“
Natürlich kennt Michael Kloppenburg die Probleme in anderen Städten. In der Düsseldorfer Innenstadt tummeln sich Pokémon-Go-Spieler vor allem auf der Girardet-Brücke an der Kö — und sind dabei nicht immer achtsam. Die Brücke soll daher zeitweise gesperrt werden. Im Kölner Dom hingegen soll der sakral genutzte Innenraum zur Pokémon-freien Zone werden; dafür setzt sich das Domkapitel ein.
Zu den Hotspots der Pokémon-Fans gehören in Neuss vor allem der Münsterplatz, der Freithof und zum Beispiel der Rosengarten.