Politisches Statement auf dem Shakespeare-Festival

Am 9. Juni startet das diesjährige Festival im Globe.

Foto: Fung Wai Sun

Neuss. Seit mehr als zwei Jahrzehnten gestaltet Kulturreferent Rainer Wiertz das Shakespeare-Programm im Globe. Aber wohl zum ersten Mal verkündet er es auf eine Weise, die für ihn, der der Welt eher positiv gegenübersteht, ungewöhnlich ist. „Wir müssen mehr denn je widerstehen“, sagt er, und fast bricht es ihm die Stimme, wenn er appelliert, „mit der ganzen Vielfalt der Kultur gegen die Blender und Verblender, gegen die Feinde der Intelligenz und Populisten“ anzugehen. Das derzeitige Geschehen in der Welt mit einem Donald Trump in den USA und einem Recip Erdogan in der Türkei „politisiert mich, wie ich es in meinem ganzen Leben noch nie war“, erklärt der 61-Jährige.

So ist der Start des Shakespeare-Festivals am 9. Juni denn auch als Statement zu verstehen. Mit „Othello“ steht nach Wiertz’ Worten gleich ein „Paukenschlag“ auf dem Programm. Denn die englische Company Shakespeare at the Tobacco Factory lässt den Feldherrn seine Desdemona in einer muslimischen Trauungszeremonie heiraten. „Dieser Othello ist einer, der sich fragt, warum gerade er zum Außenseiter einer Gesellschaft wurde“, beschreibt Wiertz. Engagiert hat er die Truppe noch vor der Premiere. Die hat nun vor zehn Tagen stattgefunden und ihn sehr eingenommen. Eine „blind card“ hat auch das Neusser RLT, das mit Ronny Jakubaschks Inszenierung von „Wie es euch gefällt“ erst im Mai Premiere an der Oberstraße hat und am 12. Juni im Globe zu sehen ist.

Insgesamt stehen 33 Vorstellungen von 16 Inszenierungen auf dem Spielplan, neun davon sind Deutschlandpremieren, zwei Musikabende. Neu ist der Kinder-Shakespeare-Tag (25. Juni) mit Workshops, Führungen und Vorstellung des Seifenblasen-Theaters für Sechs- bis Zwölfjährige. 100 Karten gibt es, geleitet wird er von der Globe-Education-Chefin Vanessa Schormann.

Rainer Wiertz, Kulturreferent

Aus sechs Ländern reisen die Companys (inklusive der Musiker und „Lecture“-King Patrick Spottiswoode) an. Fünf kommen aus England, zwei aus Belgien, eine aus Frankreich, eine aus Portugal, fünf sind in Deutschland beheimatet. Die weiteste Anfahrt hat das Tang Shu-Wing Theatre Studio aus Hongkong. An der Verpflichtung dessen „Macbeth“-Inszenierung (19. Juni), die das Stück mit dem eigenen kulturellen Hintergrund verknüpft hat, arbeitet Wiertz schon seit zwei Jahren: „Aber mir fehlten die Partner, um das Gastspiel zu finanzieren.“ Die hat er nun gefunden.

„Macbeth“ gibt es zudem gleich zwei Mal — dann aber als Komödie. „Ist so!“ bestätigt Wiertz lachend, der die Inszenierung der portugiesischen Companhia do Chapitô (24. Juni) gesehen hat und begeistert erzählt: „Das ganze Stück, aber als Slapstick!“ „King Lear“ gehört zwar nicht gerade zu Wiertz’ Favoriten, aber die Inszenierung des Neuen Globe Theaters Potsdam (war mal „Shakespeare und Partner“) nur mit Männern hat es ihm sehr angetan (1. Juli). Auch vom „Pony Camp: Troilus und Cressida“ der Otto-Falckenberg-Schauspielschule ist er hellauf begeistert (5. Juli).

Dem Motto „Shakespeare und mehr“ ist das Festival zudem treugeblieben. Mit „Le Cid“ des Atelier Théâtre Actuel aus Paris wird ein Stück von dem Fast-Zeitgenossen Pierre Corneille gezeigt (4. Juli).