Rasante Irrungen in höchst eigenwilliger Szenerie
Zum Auftakt brachte Dan Jemmett die „Comédie des Erreurs“ ins Globe.
Neuss. Nach einer kleinen Pause von nur elf Monaten ist der Geist des William Shakespeare wieder da, der seit 20 Sommern die Besucher an der Rennbahn verzaubert. Am Freitag hat das Shakespeare-Festival begonnen.
Schon für den Auftakt hat Festivalleiter Rainer Wiertz wieder seine glückliche Hand bewiesen, als er das Ensemble des Théâtre Vidy-Lausanne einlud, das hier schon früher begeistern konnte. Diesmal präsentierte sich die Truppe mit einer brillanten „Comédie des Erreurs“.
Regisseur Dan Jemmett lässt die französischen Schweizer klassisch, wenngleich in eigenwilliger Szenerie beginnen: rechts und links Zapfhähne, aus denen im Laufe des Abends der Gerstensaft reichlich fließt, in der Mitte drei Dixi-Klos, einige einfache Sitzgelegenheiten.
Der Herzog und der ältliche Egeon brauchen relativ lange für den Prolog, der die Situation erhellt, die sich binnen eines einzigen Tages lösen muss, weil sonst der unwillkommene Syrakuser, der seine Familie zusammenlesen will, sein Leben verwirkt hat.
Doch nach und nach kommt die Story in Fahrt: Immer rasanter klappen die Toilettentüren, und immer neue Figuren verwechseln einander. Dazwischen krachende Disco-Musik, Bier ohne Ende und ein nur fünfköpfiges Ensemble, das mit hinreißenden Nuancen alles spielt, was diese Komödie braucht, um ihre Irrungen aufs Publikum zu übertragen.
David Ayala ist überaus wandlungsfähig als doppelter Antipholus, der sogar rappen kann. Vincent Berger gelingt der mal arglose, mal aalglatte Dromio, Valérie Crouzet ist eine hysterisch-schrille Adriana und ihr Alter Ego, die Femme fatale des zweiten Antipholus.
Thierry Bosc zeigt sich als ehrfurchtgebietender Herzog, geschäftstüchtiger wie völlig durcheinander erscheinender Goldschmied und urkomischer Exorzist mit einem zauberkräftigen Reinigungsspray, das nicht nur die Dixi-Klos von den scheinbaren Geistererscheinungen befreien will. Julie-Anne Roth schließlich gibt einen fast bitteren Egeon, eine trinkfreudige Äbtissin und die unerschütterliche Luciana.
Am Ende eine erstaunliche Erkennungsszene — und es folgt der erste dröhnende Applaus des Festivals.