Reiner Breuer ist der Bürgerdialog wichtig
Das Jägerstübchen des Gasthauses „Im Dom“. Die SPD lädt zum Bürgerdialog ein, da bleiben alle Türen sperrangelweit geöffnet. Hinterzimmeratmosphäre? Bloß nicht. Hinterzimmer sind Reiner Breuer suspekt, denn für ihn riechen sie förmlich nach Kungelei und Seilschaften.
Clübchen-Politik. Mehr als einmal hat er Bürgermeister Herbert Napp, aber auch die Mehrheit im Stadtrat mit diesem Vorwurf attackiert. Das ist nicht sein Stil, sagt der 46-Jährige, das will er ändern — wenn er selbst Bürgermeister ist.
Breuer hat sich auf eine Bank in der Ecke „verdrückt“. Er will mit den Leuten reden, ihnen vor allem aber zuhören. „Für einen Bürgermeister ist es gut, wenn er reden kann“, sagt der Jurist Breuer, der in 20 Jahren politischer Arbeit gelernt hat, auch den Bauch, das Gefühl, das Herz der Menschen anzusprechen. „Noch wichtiger aber ist, wenn er zuhören und Schlüsse daraus ziehen kann“, ergänzt er. So einer will er sein. Das „Verwaltungsamt Bürgermeister“ soll möglichst wenig nach Verwaltung klingen. So stehen auf seiner Liste Bürgerdialog und Mitbestimmung ganz oben. Wie das aussehen soll, hat er mehr als einmal gesagt, wenn er von „Fahrradgipfel“, „Sportgipfel“ oder einem „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“ spricht. Im „Dom“ aber spricht er noch über andere Dinge. Dass er gerne Architekt geworden wäre, dann über den Zivildienst aber doch zur Juristerei gekommen ist. Dass er in den Semesterferien im Alexius-Krankenhaus gejobbt und dort gesehen hat, „wie schnell man über eine Krankheit sozial abrutschen kann“. Dass ihm Solidarität wichtig ist. Dass er in keiner anderen Stadt für diese Aufgabe kandidieren würde. Und dass er diese mit einem Gestaltungsanspruch antreten will. Das sei der Kerngedanke hinter dem Hauptmotto seiner Kampagne, die mit dem Slogan „Neu bewegen“ wirbt. Etwas bewegen will er, seit er bei den Jusos Mitglied wurde, als deren Vorsitzender er 1994 erstmals in den Rat einzog. Seitdem war er immer in der Opposition, Erfolge gab es trotzdem zu feiern. Ohne die SPD, so ist er überzeugt, hätte es keine dritte und vierte Gesamtschule gegeben, keinen Strich unter das elende Kapitel „Zinsderivat-Geschäfte“ und keine forcierte Schul(toiletten)-Sanierung. Nach so gewonnenen „Schlachten“, wenn sich Breuer mit der SPD-Fraktion im „Dom“ Feierlaune leistet, schmeckt dem Pilstrinker das Feierabendbier doppelt gut. Im Wahlkampf sind ihm Partei und Fraktion eine wichtige Hilfe, seinen größten Rückhalt aber findet Breuer bei Freunden („In der Politik kann man Freundschaften nicht immer ausreichend pflegen, aber zu meinem Kochclub gehe ich immer“) und in seiner Familie. Frau und Tochter, die seinen zweiten Anlauf auf das Bürgermeisteramt voll unterstützen, will er mit einem Urlaub dafür entschädigen, dass er jetzt so wenig Zeit hat. Nach der Stichwahl — mit der er fest rechnet — auf einem Reiterhof. Und er klingt wie ein Pferdesportler, wenn er mit Blick auf den früher gestarteten CDU-Kandidaten sagt: „Entscheidend ist nicht, wer zuerst losläuft, sondern wer zuerst über die Ziellinie geht.“