Schüler erinnern an Holocaust-Opfer

In der Hülchrather Synagoge schrieben sie 220 Namen für ein Kunstprojekt an die Wand.

Foto: Lothar Berns

Grevenbroich. Grün, rot, schwarz und blau sind die Namen der von den Nazis verfolgten und ermordeten Juden, die einst im gesamten Stadtgebiet heimisch waren. An Josef Frank aus der Stadtmitte, der 1943 im KZ in Auschwitz starb, erinnert Kim Büttgenbach. Die 19-jährige Schülerin der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule schreibt in der ehemaligen Hülchrather Synagoge Franks Namen auf eine weiße Rigipsplatte. „Jede Generation muss sich diesen Teil der Geschichte ins Gedächtnis rufen. Wir dürfen nicht vergessen!“ Und auch Nils Geratz (14) schreibt Buchstabe für Buchstabe den Namen von Jakob Vasen aus Hülchrath nieder: „Dass so viele Juden aus Grevenbroich verfolgt wurden, ist erschreckend. Wir halten hiermit die Erinnerung an sie aufrecht.“

NilsGeratz, Schüler

Anlässlich des heutigen Holocaust-Gedenktages hat Ulrich Herlitz vom Arbeitskreis Judentum des Grevenbroicher Geschichtsvereins die Gesamtschüler der Projektgruppe „KKG — Gegen das Vergessen“ in das frühere Bethaus eingeladen. Gemeinsam will man ein Zeichen setzen: Die von Künstler Gereon Riedel eigens für die Synagoge geschaffene Raum-Installation „Denk.Mal“ wird um die Namen aller derzeit bekannten Holocaust-Opfer aus dem heutigen Stadtgebiet ergänzt. „Kunst muss man teilen, damit sich etwas bewegt“, sagt Gereon Riedel, der mit einem zweiten Gehäuse innerhalb des Sakralbaus Stoff zum Nachdenken gibt. „Die Jugendlichen sollen erfahren, dass das Erinnern wichtig für ihre Zukunft ist.“

Bereits zum zweiten Mal arbeiten der Geschichtsverein Grevenbroich, die Projektgruppe „KKG — Gegen das Vergessen“ und Künstler Gereon Riedel zusammen. Zuletzt hatten sie auf dem jüdischen Friedhof Stadtmitte, den die Gesamtschüler betreuen, Abdrücke von Grabmälern und Inschriften genommen. Nun ist in Hülchrath ein individuelles, buntes „Denk.Mal“ entstanden. „Die Namen erinnern einerseits daran, dass diese Juden über einen sehr langen Zeitraum zufrieden im gesamten Stadtgebiet gelebt haben“, sagt Ulrich Herlitz. Andererseits sei es wichtig, sich auch zu den „schlechten Zeiten“ der Historie zu bekennen: „Wohin Antisemitismus, Rassismus und blinde Ideologie führen können, das müssen wir uns — gerade in Zeiten von Nationalpopulisten — bewusstmachen.“

Durch seine intensive Suche — unter anderem im Bundesarchiv in Koblenz — hat Ulrich Herlitz inzwischen 220 Holocaust-Opfer ausfindig gemacht. „Es ist eine Momentaufnahme. Die Recherche geht weiter.“ Die Namen der Juden, die im Grevenbroicher Stadtgebiet geboren wurden und dem nationalsozialistischen Völkermord zum Opfer fielen, werden heute Abend — anlässlich des offiziellen Gedenktags der Befreiung des KZ Auschwitz — in der Synagoge vorgelesen. Zudem zeigt Matthias Krey, Schüler des Erasmus-Gymnasiums, sein Filmprojekt. Mit historischen und aktuellen Fotos sowie Interviews berichtet der 14-Jährige eindrucksvoll über den Novemberpogrom in Grevenbroich und die jetzige Erinnerungsarbeit.