Senta Berger eröffnet das Shakespeare-Festival

Weltstar Senta Berger verzauberte mit einer glanzvollen Lesung der „Dark Lady“-Sonette und wagte einen tiefen Blick in das Herz von William Shakespeare.

Neuss. Gab es sie wirklich, die Frau in Schwarz? Oder war sie nur eine von Shakespeares zahlreichen Fantasien? Immerhin widmete das britische Theatergenie vor gut 400 Jahren seiner „Dark Lady“ zahlreiche seiner Sonette in glühender Leidenschaft und rasender Eifersucht. „Ich möchte an sie glauben“, resümiert Senta Berger am Ende ihrer ungewöhnlich sensiblen Musik- und Literatur-Performance „With Shakespeare in Love“, mit der sie jetzt das Shakespeare-Festival im Globetheater eröffnete. Klar, dass sie dafür mit Ovationen gefeiert wurde.

Die Grande Dame des Kinos und Fernsehens, die es einst bis nach Hollywood schaffte, verzauberte das nahezu ausverkaufte Globe mit Liebesgedichten. Mit Sonetten und eigenen Texten wagte die Münchnerin einen Blick in die persönlichen Lieben und Vorlieben des Autors, der wie kein anderer das Elisabethanische Zeitalter in England repräsentiert und von dessen Privatleben doch nur so wenig Konkretes überliefert ist.

Senta Berger, der man ihre 72 Jahre kaum abnimmt, thront in schwarzem Hosenanzug auf den Globe-Brettern. Sinnlich sonor ihre Stimme. Eine Inszenierung, die sie in die Nähe der geheimnisvollen Dark Lady rückt. Hinter und neben ihr: die Capella Monacensis. Ein Münchener Kammerensemble, das mit Laute, Gamben, Blockflöten und einem mädchenhaft reinen Sopran die Renaissance beschwört — so, wie sie am Hofe Heinrichs VIII. und Elisabeth I. vermutlich zu hören war.

Gesänge und Kammermusik in reinem, perlendem Sound untermalen und verbinden die Sonette, verleihen dem Abend eine exquisite, manchmal heitere Note und machen ihn zu weit mehr als nur einer Lesung.

Ob blond und mit drei Kalkschichten geweißte Haut oder dunkelhaarige, verschleierte Orientalin — war die Dark Lady Elisabeths Hofdame Emilia oder die Äbtissin und Kurtisane Lucie Negro? Frauen, denen Shakespeare verfallen war, beleuchtet Senta Berger ebenso feinsinnig und mit ironischem Blinzeln wie seine Gefühlsschwankungen. Und findet die richtigen Sonette dafür.

Sie zeigt sein ständiges Begehren, das ihn vor Liebe krank macht: „Weil ich unheilbar bin und nicht bei Trost“. Plötzlich beneidet er die Tasten des Spinetts, auf dem sie spielt. Dann hält er sie für die Treue selbst, die im nächsten Moment lügt.

Überschwang und Angst vor dem Verlust der „Herrin“ mischen sich in allen Gedichten, zumal er älter wird und befürchtet, dass sie seinen besten Freund, einen jungen, schönen, blonden und begabten Mann, verführt. Aber auch erotisch frivole Verse richtete Shakespeare an sein Objekt der Begierde, in denen er sich im Kampf mit seinem Geschlechtsteil, genannt „Will“, beschreibt.

Ernüchternd und voller Klage sind die letzten Gedichte, in denen der Autor Abschied nimmt von der untreuen Lady, die den Reizen der Jugend eben doch nicht widerstehen kann.
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