Sparsamer Verbrauch könnteAbwassergebühren erhöhen
Weil die Dormagener zu wenig Wasser verbrauchen, muss das Kanalnetz zusätzlich gespült werden, um die Rohre zu säubern.
Dormagen. Es klingt paradox: Die Bürger werden aufgefordert, zu Hause sparsam mit Wasser umzugehen. Bei Spül- und Waschmaschinen sind die Sparmodelle im Trend, Toiletten haben Spartasten, an Duschköpfe und Wasserhähne werden Durchlaufbegrenzer geschraubt. Die Folge: Der Wasserverbrauch sinkt, immer weniger Abwasser fließt durch die Leitungen. Dort setzt sich Dreck fest und verstopft die Rohre. Die müssen regelmäßig aufwendig und teuer gereinigt werden — mit Trinkwasser! In Dormagen schlägt Gottfried Koch, Chef der Technischen Betriebe, Alarm.
Gottfried Koch, Chef der Technischen Betriebe
Die Preise werden steigen, in welcher Größenordnung ist unklar. Das ist Ende des Jahres vor allem auch eine politische Entscheidung.
Dabei ist dieses Sparen offenbar unnötig — meint der Agrarwissenschaftler Hans-Georg Frede von der Uni Gießen: „Seit Jahren wird uns suggeriert, dass Wasser in Deutschland ein knappes Gut sei, das man sparen müsse. Das ist aber falsch. Deutschland ist ein Wasserüberschussland.“ Nur fließt zu wenig Wasser durch die Rohre, die kaputt gehen. Thomas Wedowski, Bereichsleiter Stadtentwässerung bei den TBD, stimmt dem Experten zu: „Das sehe ich auch so. Wasser wird gebraucht, nicht verbraucht. Unser Problem ist nicht die Menge, sondern die Qualität.“ Für den Rhein-Kreis Neuss hat das Statistische Landesamt IT NRW 2010 ermittelt, dass die Bürger an Rhein und Erft mit 129 Liter pro Tag 18 Liter weniger verbrauchen als 1995. Der NRW-Schnitt lag vor fünf Jahren bei 134,5 Liter pro Tag. Laut aktuellen Zahlen der Energieversorgung Dormagen verbrauchten die Dormagener in 2013 123,1 Liter pro Kopf und Tag, im vergangenen Jahren waren es sogar nur 115,1 Liter!
Dormagen liegt bei den Abwassergebühren recht gut. Laut IT NRW belegt die Stadt einen Mittelplatz unter den NRW-Kommunen. Ein Musterhaushalt (200 Kubikmeter Frischwasserverbrauch, 130 Quadratmeter versiegelte Fläche) zahlte im vergangenen Jahr 537,60 Euro. Zum Vergleich: Der Neusser berappt 760,80 Euro, der Grevenbroicher 852,70 und der Rommerskirchener gar 991,20 Euro. Eine fiktive Beispielrechnung zeigt, wie ein Gebührensprung aussehen könnte: Würde das Defizit von 533 000 Euro in die Kalkulation für 2016 eingerechnet, so würde sich die Schmutzwassergebühr um acht Cent pro Kubikmeter und die Gebühr für Niederschlagswasser um sechs Cent pro Quadratmeter auswirken.
„Rein theoretisch“, sagt Thomas Wedowski, „denn zum einen besteht die Möglichkeit, diese Unterdeckung über drei Jahre in die Kalkulation einzubringen.“ Zum anderen sinken andere Kosten, verändern sich Abschreibungen und anderes mehr. „Dann ist es letztlich der Wille der Politik, wie sie entscheidet.“
Die Technischen Betriebe Dormagen, die die Kläranlagen und das Kanalnetz betreiben, haben für das vergangene Jahr ein Minus von 533 000 Euro ausgewiesen.
Dafür gibt es unterschiedliche Gründe: Die Unterhaltung der Abwasseranlagen fiel mit 1,27 Millionen Euro um rund 460 000 Euro teurer aus als kalkuliert. Arbeiten am Kanalnetz, die eigentlich auf drei Jahre angelegt waren, konnten deutlich schneller bewältigt werden, das für 2014 vorgesehene Pensum war schon Ende Juli abgearbeitet. Die Arbeiten wurden daher fortgesetzt. Für 2015 und 2016 ist in dem Bereich daher mit geringeren Ausgabeansätzen zu rechnen. Kostensteigerungen gab es auch beim Personal und wegen rückwirkenden Besoldungserhöhungen bei den Pensionsrückstellungen (204 000 statt geplanten 50 000 Euro). Der buchhalterische Restwert von Kanälen, Kläranlagen, Grundstücken und Fahrzeugen beträgt aktuell rund 59 Millionen Euro nach einem Anschaffungswert von 138,7 Millionen Euro.