Sportpolitik: Streit um die „Lex Zabel“
Finanzielle Erwägungen hätten bei der Entscheidung, Erik Zabel bei der Tour de Neuss starten zu lassen, den Vorrang gehabt, wirft Heinz London (SPD) dem Veranstalter vor.
Neuss. Im gestrigen Sportausschuss kochten die Diskussionen noch einmal hoch, als es um Doping im Sport im Allgemeinen und den Start von Erik Zabel bei der Tour de Neuss im Besonderen ging. Die SPD regte an, den Vereinen einen Ehrenkodex aufzuerlegen, wonach sie keine des Dopings verdächtige Sportler zu Veranstaltungen einladen sollen - was von Seiten der CDU-Mehrheitsfraktion mit höhnischen Kommentaren bedacht wurde und daher kaum Einzug in die Sportförderrichtlinien finden wird.
Ohnehin sind die Einflussmöglichkeiten einer Kommune auf solche Großveranstaltungen mit Sportprofis verschwindend gering. Nur die Kürzung der kommunalen Zuschüsse für einen Verein kämen im Prinzip in Frage.
Doch da wiegelte der Vorsitzende des Sportausschusses, Heinz London, bereits im Vorfeld der Sitzung ab: "Das wird nicht passieren. Niemand will den ganzen Verein bestrafen", sagt er in Hinblick auf den Neusser Radfahrerverein, Organisator der Tour de Neuss. Hinzu kommt: Die finanziellen Auswirkungen auf die sechste Auflage sind überschaubar. "Nicht ein einziger Sponsor hat seine Unterstützung zurückgezogen", so NRV-Geschäftsführer Uwe Pommer.
Heinz London spricht dennoch von einer "Lex Zabel". "Finanzielle Erwägungen hatten den Vorrang." Tatsächlich würde es den Veranstalter teuer zu stehen kommen, wenn er den Vertrag mit dem Radprofi auflöst. Immerhin haben ihm der Weltverband und sein Rennstall Milram das Startrecht erteilt.
Heinz London hatte an die Verantwortlichen des NRV appelliert, auf einen Start Zabels zu verzichten. Schließlich habe Vereinsboss Friedhelm Hamacher noch im Vorjahr bekannt, nur "erwiesenermaßen saubere" Sportler in Neuss fahren zu lassen. Daraufhin attackierten den SPD-Mann unter anderem die Sportverbände. In einer gemeinsamen Erklärung warfen ihm Wilhelm Fuchs vom Stadtsportverband und Dieter Welsink vom Kreissportbund "lokalen Profilierungsaktionismus" vor. Zu glauben, dass ein Ausschluss Zabels ein wirksames Zeichen gegen Doping setze, sei "blauäugig und wirklichkeitsfremd". Auch Uwe Pommer beklagt, die Diskussion sei "unnötig hochgeschaukelt" worden.
Ob mit oder ohne Erik Zabel: Das Teilnehmerfeld bei der Tour de Neuss wird wieder hochkarätig besetzt sein. Zugesagt haben laut Uwe Pommer bereits Vorjahressieger Markus Fothen und sein Bruder Thomas, sowie die deutschen Rad-Stars Jens Voigt, Patrick Sinkewitz und Fabian Wegmann. Da ein ebenfalls am 1. August geplantes Rennen in Karlsruhe abgesagt wurde, hoffen die Veranstalter kurzfristig auf weitere Topfahrer.
Heinz London hat derweil seine Konsequenz gezogen. "Ich muss die Entscheidung tolerieren, aber persönlich nicht akzeptieren. Daher werde ich beim Hauptrennen nicht dabei sein."
Verbale Prügel für seine Äußerungen in der Öffentlichkeit bezog London im Sportausschuss von der CDU. "Da kommt mir die Galle hoch. Was spielen wir uns hier als Moralapostel auf, wenn Zabel bei Deutschen Meisterschaften und anderen Rennen wieder starten darf", sah Notker Becker sich bemüßigt, aus der Bibel zu zitieren: "Ein reuiger Sünder, der sich bessert, ist dem Herrn lieber, denn 99 Gerechte."