Stadt wollte Mitarbeiter-Kinder bei Kita-Plätzen bevorzugen
Die Stadt wollte dazu ein Kriterium einführen, das aber rechtswidrig ist. Der Fehler wurde inzwischen behoben.
Kaarst. Sebastian Semmler, seit April 2014 Erster Beigeordneter der Stadt Kaarst und zuständiger Dezernent für den Bereich „Jugend und Familie“, hat schlaflose Nächte gehabt. Zum einen, weil „seine“ Verwaltung einen kaum erklärbaren Fehler gemacht hat, zum anderen, weil diese, wie Semmler sagt, offenbar im Jugendamt getroffene Fehlentscheidung jetzt ein schlechtes Licht auf ihn und seine Arbeit wirft. Konkret geht es um die Vergabe von städtischen Kita-Plätzen. Die verläuft eigentlich nach einem nachvollziehbaren Kriteriensystem.
Es gibt „normale“ Kriterien wie die Berufstätigkeit eines alleinerziehenden Elternteils. Und es gibt „besondere“ Kriterien für Kinder und Eltern in schwierigen Situationen (Sozialindikation), die, wie Jugendamtsleiterin Ute Schnur erklärt, „alle anderen Kriterien toppen“, also dem betroffenen Kind Vorrang vor anderen Bewerbern gewähren.
Im Vergabeverfahren für das Kindergartenjahr 2015/2016 wollte die Stadt ein weiteres „besonderes“ Kriterium einführen. Anträge von Mitarbeitern der Stadtverwaltung sollten ebenfalls mit Präferenz behandelt werden. „Eine solche Regelung geht gar nicht“, sagt Semmler mittlerweile. „So was ist schlichtweg rechtswidrig. Um das zu erkennen, braucht man kein Jura-Studium.“ Trotzdem wurde das Kriterium zunächst angewandt. Auch das Kind des Ersten Beigeordneten bekam die Zusage für einen Kita-Platz.
Aufgefallen ist das Andreas Müller. Der Vater aus Büttgen hatte bei der Stadt die Vergabemerkmale abgefragt und war stutzig geworden. Auf Anfrage habe man ihm das Kriterium zunächst mit personalwirtschaftlichen Interessen erklärt, sagt er. Allerdings sehen weder das Kinderbildungsgesetz noch das Sozialgesetzbuch eine solche Praxis bei städtischen Kitas vor. „Schließlich“, sagt Müller, „handelt es sich um öffentliche Einrichtungen, zu denen die Bürger im Rahmen der zur Verfügung stehenden Kapazitäten gleichen Zugang haben. Jede einzelne Vergabe an Mitarbeiterkinder schränkt den Zugangsanspruch der auf der Warteliste geführten Eltern, die nicht berücksichtigt werden, ein.“ Das sieht mittlerweile auch die Stadtverwaltung so. „Alle beiden für das kommende Kindergartenjahr vergebenen Plätze an städtische Bedienstete sind bereits zurückgezogen und stehen somit wieder zur Verfügen“, sagt Ute Schnur.
Davon betroffen ist erneut Sebastian Semmler. Von dem Kriterium „Mitarbeiterkind“ habe er, wie Schnur, bis zur Beschwerde nichts gewusst, betont er. Bürgermeister Franz-Josef Moormann sagt zum Thema: „Auch mir war dieses neue Vergabekriterium nicht bekannt.“ Den Kita-Platz hat der Beigeordnete zurückgewiesen. Nun müsse geklärt werden, wie die Regelung zustande gekommen ist.