Streit um A57-Anschluss spitzt sich zu
CDU und FDP werfen Bürgermeister Lierenfeld vor, als SPD-Wahlkämpfer zu agieren.
Dormagen. Im Streit um das richtige Vorgehen beim geplanten Bau des Autobahnanschlusses Delrath zwischen Bürgermeister Erik Lierenfeld und Landrat Hans-Jürgen Petrauschke verhärten sich die Fronten. Vorläufiger Höhepunkt: Der Fraktionsvorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, Dieter Welsink, wirft Lierenfeld vor, mit „alternativen Fakten“ zu arbeiten — ein Begriff, mit dem US-Präsident Donald Trump zuletzt für Negativ-Schlagzeilen sorgte. Ebenso wie sein Kollege von der FDP, Rolf Kluthausen, bezeichnet Welsink den Dormagener Bürgermeister als „SPD-Wahlkämpfer“.
Und: Der Neusser Landtagskandidat Arno Jansen (SPD) will in der heutigen Ratssitzung in Neuss per Resolution den Landrat zum Handeln auffordern. Beobachter werten die aktuelle Diskussion als politischen Lagerkampf: Hier Landrat Petrauschke (CDU), der der Regierungspräsidentin Anne Lütkes (Grüne) bei der Planung des Autobahnanschlusses ein zu langsames Vorgehen vorhält; dort Bürgermeister Lierenfeld (SPD), der Lütkes zur Seite springt und im Gegenzug Petrauschke kritisiert, weil der Rhein-Kreis nicht das Aufgabenpaket abarbeite, das ihm aus Düsseldorf gestellt wurde. Petrauschke wiederum bekommt jetzt Rückendeckung aus dem Kreis durch die CDU/FDP-Koalition. Das aktuelle Bild rundet die Stellungnahme von Arno Jansen aus Neuss ab, der Lierenfeld stützt und Petrauschke vorwirft, „auf der Bremse“ zu stehen. So weit, so durchschaubar.
Unterdessen keilt Erik Lierenfeld nicht zurück, sondern weist auf die Faktenlage. Er glaubt, dass Welsink und Kluthausen offenbar sein an den Landrat gerichtetes Schreiben gar nicht kennen und ruft sie auf, zu benennen, „welche meiner Angaben zum Sachverhalt und Aufforderungen zur Verfahrensbeschleunigung Sie für alternative Fakten halten“. Lierenfeld betont in seinem Schreiben an beide, dass „mein ganzes Interesse das Wohl der Stadt Dormagen ist und eine zeitnahe Fortführung des Planfeststellungsverfahrens zudem auch positive Auswirkungen für alle Bürger des südlichen Kreisgebietes hätte“. Die Unterstellung der Kreis-Koalition, er würde nur Wahlkampf machen, „gebietet sich nicht, nur weil die eigenen Argumente ausgehen“.
Fakt ist, dass sich der Bau des Anschlusses Delrath, der im Hinblick auf die von Dormagen und Neuss angestrebte Entwicklung des Gewerbegebietes Silbersee als dringend notwendig angesehen wird, stark verzögert. Der Rhein-Kreis, der schon für dieses Jahr Bagger anrollen sah, hat Planungs- und Baukosten in seinem Haushalt erst für 2020 und 2021 vorgesehen. Es liegen aktuell eine Reihe von Gutachten und Untersuchungen nicht vor. Auf Anfrage erklärte Kreis-Dezernent Bijan Djir-Sarai, dass am Montag alle Daten der Verkehrszählungen der Bundesanstalt für Straßenwesen für Autobahnen, Bundes-, Land- und Kreisstraßen eingetroffen seien: „Die Daten haben wir an die Gutachter geschickt.“ Er rechnet mit einer Bearbeitungszeit für das Verkehrsgutachten von sechs Monaten.
Es geht auch darum, welche Bedeutung der Anschluss in einem Abwägungsprozess haben wird. Lierenfeld sagt: „Wenn die Klassifizierung ,kein wichtiger Verkehrsweg’ lauten würde, wäre die Abwägungshürde geringer“. Die schon eher vorliegenden Zahlen für die Autobahnen zeigen: Im Abschnitt zwischen dem Autobahndreieck Neuss-Süd und dem Anschluss Dormagen ist die Verkehrsmenge von 2000 bis 2015 um mehr als 13 Prozent auf 75 300 Fahrzeuge innerhalb von 24 Stunden gestiegen.