Studie zur Haushaltslage der Städte im Rhein-Kreis liegt vor
Die Untersuchung im Auftrag der IHK weist Handlungsbedarf auf.
Rhein-Kreis. Die Ausgaben der Stadt Neuss steigen überdurchschnittlich an, während gleichzeitig in nur fünf Jahren 9,3 Prozent vom Eigenkapital — das entspricht 83 Millionen Euro — verloren gingen. Das sind für Neuss die zentralen Ergebnisse einer Analyse, die die IHK Mittlerer Niederrhein beim Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) für alle Städte und Gemeinden in ihrem Bezirk in Auftrag gegeben hat.
Neuss stehe vor der finanzpolitischen Herausforderung, den Haushalt auszugleichen, hält Professor Roland Döhrn vom Kompetenzbereich „Wachstum, Konjunktur, Öffentliche Finanzen“ des RWI fest. Für ihn sind die Finanzprobleme der Stadt, die ein überdurchschnittliches Steueraufkommen erreicht, zum Teil hausgemacht.
Während das RWI für alle Städte und Gemeinden im Kammerbezirk einen erheblichen Konsolidierungsbedarf feststellt, beobachtet IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz nicht ohne Sorge, dass immer mehr Kommunen versuchen, „über höhere Steuern ihre Haushalte auszugleichen“. Dies betreffe auch Neuss.
Im Rat wird Bürgermeister Reiner Breuer die Politiker heute darüber informieren, dass der Landrat als Kommunalaufsicht den Etat für das laufende Jahr genehmigt hat. Eine Verpflichtung für ein Haushaltskonsolidierungskonzept sei zwar mittelfristig noch nicht ersichtlich, heißt es in einer Stellungnahme des Landrates. Dieser fordert dennoch „strikte Haushaltsdisziplin bei der Haushaltsführung“ und „weitere Konsolidierungsanstrengungen“.
Die Stadt Dormagen hat von 2009 bis 2014 Eigenkapital in Höhe von 33 Millionen Euro verloren, das ist mehr als ein Fünftel. Die wesentliche Ursache für die Haushaltsprobleme sieht das Wirtschaftsforschungsinstitut in der Entwicklung der Sozialleistungen. „Am Mittleren Niederrhein stiegen die Auszahlungen im Sozialbereich von 2010 bis 2014 um 14,1 Prozent“, sagt Professor Döhrn. Durch die Flüchtlingsmigration würden sich die Ausgaben weiter erhöhen.
Dass Dormagen seine Ausgaben schlechter durch Erträge decken kann als Vergleichsgemeinden, liegt nach Ansicht der RWI-Forscher an der geringen Steuerkraft. Steinmetz: „Dauerhaft höhere Steuereinnahmen erzielen die Städte, wenn sie eine vorausschauende Flächenpolitik betreiben und günstige Voraussetzungen für Ansiedlungen schaffen.“
Grevenbroich hat im Zeitraum von 2009 bis 2014 Eigenkapital in Höhe von 51 Millionen Euro verloren, das sind knapp 28 Prozent. Für die Stadt ist der Weg zur nachhaltigen Haushaltskonsolidierung aus Sicht der RWI-Forscher deshalb noch weit. „Dabei ist die Lösung auf der Ausgabenseite zu suchen, denn Grevenbroich verfügt über überdurchschnittlich große Steuereinnahmen“, erklärt Professor Döhrn. Die Analyse zeige, dass die von der Kommune gewählte Konsolidierungsstrategie riskant sei, heißt es. Denn sie beruhe auf anhaltend guten Rahmenbedingungen. Dabei sei noch nicht klar, inwieweit Entwicklungen, die in der Energiewende begründet sind, den städtischen Haushalt negativ beeinflussen.
Die Stadt Kaarst gibt überdurchschnittlich viel Geld aus. „Trotz günstiger sozioökonomischer Rahmenbedingungen und einer relativen Steuerstärke verschlechtern sich die finanzwirtschaftlichen Perspektiven“, stellt Professor Döhrn fest. Vor allem die Personalausstattung sei überdurchschnittlich, entsprechend hoch die Personalausgaben.
Dies wiederum erklärt die Kaarster Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus damit, dass es in Kaarst „keine ausgegliederten Aufgabenbereiche“ gebe, der Kaarster Kernhaushalt vielmehr „das städtische Aufgabenportfolio vollumfänglich“ abbilde. „Auch der überdurchschnittlich hohe Anteil an städtischen Kindertagesstätten verursacht eine Verzerrung in den dort dargestellten Vergleichen“, teilt Nienhaus mit. -nau/susa/Red