TC Neuss startet in die neue Saison der Tennis-Bundesliga
Kurhaus Aachen ist haushoher Favorit. Neuss spielt gegen den Abstieg.
Wohl dem, der einen Printenkönig im Rücken hat: Herrmann Bühlbecker versorgt nicht nur die Bundesrepublik mit Weihnachtsgebäck, sondern auch Tennis-Bundesligist Kurhaus Aachen mit reichlich Finanzkraft. „Wir wollen den Titel zurück nach Aachen holen“, stellt daher Teamchef Alex Legsding vor dem Start in die 44. Saison der deutschen Eliteklasse am Sonntag unmissverständlich klar. Alles andere als der sechste Titelegewinn der Kaiserstädter in acht Jahren wäre eine mittlere Sensation.
Die Aachener stellen das sportliche und pekuniäre Nonplusultra in einer Liga da, in welcher der Großteil der Starter wie auch Blau-Weiß Neuss mühsam einen konkurrenzfähigen Etat zusammenkratzen muss. Nach dem für Aachener Verhältnisse indiskutablen zweiten Platz im Vorjahr hinter Blau-Weiß Halle hat Kurhaus kräftig aufgerüstet: Im Uruguayer Pablo Cuevas, Nummer 22 der Welt, und dem Südtiroler Andreas Seppi (ATP 27) kamen zwei weitere Weltklassespieler, zusammen mit dem Spanier Roberto Bautista-Agut (ATP 23) bilden sie ein Trio von Top-30-Spielern. Hinzu kommt deutsche Spitzenklasse mit Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer, auch Shootingstar Alexander Zverev steht im Kurgarten unter Vertrag. Für Neuzugang Peter Gojowczyk zuvor bei BW Neuss so etwas wie ein Star, war da nur an Platz elf der Meldeliste Platz.
Titelverteidiger Halle will nicht kampflos den Thron räumen, auch wenn der Kader gegenüber Aachens Luxus-Aufgebot deutlich abfällt. Als „ungefähr doppelt so hoch“ schätzt Halles Teamchef Thorsten Liebich den Etat des Kontrahenten ein und spielt deshalb die eigenen Titelambitionen herunter: „Der große Druck ist raus.“ Erstklassiges Potenzial ist indes immer noch vorhanden, etwa der Italiener Simone Bolelli (ATP 55) oder der frühere Weltranglisten-13. Jarko Nieminen (Finnland). Sollte Halle ein erneuter Coup gelingen, könnte in Neuss nach mehr als 20 Jahren wieder der deutsche Meister gekürt werden: Halle gastiert am letzten Spieltag (16. August) an der Jahnstraße. Auch die dritte Kraft im Titelkampf stellt sich an der Jahnstraße vor, und das schon zum Neusser Heimauftakt am Freitag kommender Woche: Grün-Weiß Mannheim hat erneut den populärsten aktiven Tennisprofis Deutschlands an Position eins gemeldet. Thomas Mario, genannt Tommy Haas, kämpft sich zum wiederholten Male nach schwerer Verletzung wieder in Richtung Weltspitze — ein Einsatz in Neuss ist aber quasi ausgeschlossen. Beachtenswert im Mannheimer Kader: Dominic Thiem (ATP 30), Österreichs größte Tennis-Hoffnung seit Thomas Muster.
Das Herz der Liga schlägt indes im Rheinland: Fünf der neun Klubs sind im Umkreis von 60 km beheimatet. Der Gladbacher HTC spielt in seinem zweiten Bundesliga-Jahr um Platz drei mit, verfügt über einen tiefen Kader mit dem spanischen Haudegen Guillermo Garcia-Lopez (ATP 32) und dem Ex-Neusser Andreas Haider-Maurer (Österreich/ATP 52) an der Spitze. Das bisherige notorische Kellerkind Blau-Weiß Krefeld hat nun höhere Ansprüche. „Wir streben einen soliden Mittelfeldplatz an“, sagt Teamchef Olaf Merkel. Dabei helfen soll der frühere Weltranglistensechste Jürgen Melzer (Österreich). Eine sorgenfreie Saison wünscht sich auch der Düsseldorfer Rochusclub. Das Geld sitzt nicht mehr so locker wie einst, doch es reich für Könner wie den Tschechen Lukas Rosol, zweimal Davis-Cup-Sieger mit Tschechien, und den Ukrainer Sergej Stachowski, der 2013 in Wimbledon Roger Federer in Runde zwei ausschaltete.
Nach Erfurts Rückzug wird es nur einen Absteiger geben, diesen spielen wohl Neuss, Rot-Weiß Köln und der 1. FC Nürnberg unter sich aus. Die Kölner sind am 31. Juli zum Showdown an der Jahnstraße zu Gast, haben in Rastamann Dustin Brown den schillerndsten deutschen Profi verpflichtet. Nürnberg hat mit dem Slowaken Martin Klizan (ATP 39), Kolumbiens Nummer eins Santiago Giraldo (ATP 60) sowie dem schwedischen Ausnahme-Talent Elias Ymer (ATP 133) ein famoses Spitzentrio — aber auch das Geld, es konsequent einzusetzen?