Toller Kampf wird am Ende nicht belohnt
Der TC BW Neuss unterlag gegen den Favoriten aus Mannheim mit 1:5 — aber begeisterte das Publikum trotzdem.
Neuss. Unterm Strich stand zwar das befürchtete Ergebnis, aber von Enttäuschung keine Spur beim TC BW Neuss und seinem Anhang. Denn sollte die neuformierte Mannschaft des Aufsteigers in der Lage sein, diese Leistung auch in den Partien zu bringen, die den Kampf um den Klassenverbleib tatsächlich entscheiden, muss dem Rekordmeister um die nähere Zukunft nicht bange sein.
Um im Duell mit dem TK GW Mannheim, ligaweit als der Topfavorit auf den Meistertitel eingeschätzt, etwas Zählbares an der Jahnstraße behalten zu können, hätte gestern schon alles passen müssen. Dass die Überraschung ausblieb, lag freilich nicht daran, dass sich die Hausherren nicht voll ins Zeug gelegt hätten. Das fing schon mit der Aufstellung an: In Attila Balazs, Uladzimir Ignatik und Zdenek Kolar liefen die Nummern drei, vier und fünf auf. Der zu Beginn des Jahres von vielen Verletzungen geplagte Adrian Ungur war in der Vergangenheit ebenfalls schon weitaus höher geführt worden als an Position zehn. „Wir hatten so ein bisschen darauf gehofft, dass uns Mannheim vielleicht ein wenig unterschätzt“, begründete Teamchef Marius Zay. „Schließlich zählt jeder Punkt, und du kannst nicht erwarten, dass du deine Spiele gegen die direkten Konkurrenten alle gewinnst.“
Und der Coup hätte sogar klappen können — trotz der auf dem Papier düsteren 0:4-Match-Punkte und 1:9 Sätze in den vier Einzeln. Denn der Außenseiter agierte stets auf Augenhöhe. „Wir hatten die leise, ja demütige Hoffnung, aus jeder der beiden Einzelrunden einen Punkt mitzunehmen“, sagte der Vorsitzende Abraam Savvidis. Sowohl bei der Niederlage von Adrian Ungur, der Neuss am Abend zuvor erst spät über Warschau erreicht hatte, weil sein Flug in Bukarest ausgefallen war, gegen Andreas Beck (3:6, 3:6) als auch beim 4:6, 5:7 von Neuzugang Uladzimir Ignatik gegen Gerald Melzer gab es Momente, in den die Partie hätte kippen können. Doch in den entscheidenden Phasen machten die Gäste aus der Kurpfalz den Punkt. Und das habe nur ganz wenig mit Zufall zu tun, stellte Savvidis klar: „Die Bälle, die vom Netz ins Feld zurück oder auf die Linie springen, sind mit Überzeugung gespielt worden. Man kann das Glück auch erzwingen.“ Mentale Stärke, die hausgemacht sei, fügte er hinzu: „Mannheim ist der Vorzeigeklub der Liga. Ein sehr sympathischer Verein. Teamchef Gerald Marzenell gelingt es in jedem Jahr, eine wirkliche Mannschaft auf den Platz zu stellen. Da gibt es nicht direkt Druck, wenn es mal nicht wie gewünscht läuft.“
Marius Zay hatte noch einen weiteren Grund erkannt, warum seinen Schützlingen der ganz große Wurf verwehrt blieb: „Sie haben in den entscheidenden Phasen die falschen Entscheidungen getroffen.“ Da ist sicher was dran. Ihre Einstellung war indes tadellos. Wie zuvor schon seine Teamkollegen hängte sich auch Zdenek Kolar beim 3:6, 4:6 gegen Andreas Beck bis zum letzten Ballwechsel voll rein.
Das Spitzeneinzel von Attila Balazs gegen Maximilian Marterer erfüllte sogar höchste Ansprüche. Bei seinem Debüt im Trikot von Blau-Weiss Neuss ging der Ungar ans Limit, zwang den für Deutschland schon im Davis-Cup eingesetzten Marterer in beiden Sätzen in den Tiebreak. Ein Match, das auch Zay nicht kalt ließ. Seine Einschätzung: „Vom Niveau her wie ein Hauptrundenspiel der zweiten Runde auf der ATP-Tour.“ Gegen den von der Grundlinie mit druckvollen Schlägen dominierenden Materer zog Balazs alle Register, um seinen extrem abgeklärt wirkenden Kontrahenten irgendwie aus der Ruhe zu bringen. Im zweiten Satz wehrte er beim Zwischenstand von 5:6 sogar drei Matchbälle ab und kämpfte sich in den Tiebreak. „Letztlich aber“, resümierte Savvidis fair, „hat sich die größere Qualität der Mannheimer durchgesetzt. Das Ergebnis geht schon in Ordnung.“ Attila Balazs darf indes auf jeden Fall wiederkommen.
Für den verdienten Ehrenpunkt sorgte das Doppel Balazs/Ungur mit seinem Zweisatzsieg über Marterer/Robin Kern.