TSV holt Sieben-Tore-Rückstand auf
Der Handball-Zweitligist aus Dormagen spielte 28:28 beim TuS Ferndorf. Kurz vor Schluss hatte Alexander Kübler sogar die Chance zum Sieg.
Kreuztal/Dormagen. Punktgewinn oder Punktverlust? Diese Frage ist nach einem Unentschieden im Handball oft schwierig zu beantworten. Erst recht nach einem solch irren Spiel, wie es 1095 Zuschauer in der ausverkauften Sporthalle Stählerwiese in Kreuztal zu sehen bekamen. Nach 35 Minuten schien der TSV Bayer Dormagen im Zweitliga-Duell beim TuS Ferndorf angesichts eines 13:20-Rückstandes und der bis dahin gezeigten indiskutablen Leistung geschlagen. 17 Minuten später schienen die Gäste mit einmal angesichts einer 26:24-Führung auf dem besten Wege zum sechsten Saisonsieg. Am Ende schien das 28:28-Unentschieden das gerechte Resultat einer intensiven Auseinandersetzung. „Der Punkt geht in Ordnung für beide Mannschaften“, sagte TSV-Trainer Jörg Bohrmann.
Zumal in der Schlussminute beide Teams noch die Möglichkeit zum Siegtreffer besaßen. Die größte eröffnete sich den Dormagenern knapp 15 Sekunden vor dem Schlusspfiff. Robin Doetsch eroberte den Ball und warf ihn zu Alexander Kübler. Der Kreisläufer prellte sich unbedrängt in die gegnerische Hälfte — und als ihm Florian Baumgärtner entgegentrat, legte er den Ball einfach nach rechts ab, wo das Spielgerät gemächlich ins Seitenaus dümpelte.
Pech für die Dormagener, die sich über das 28:28 trotzdem mehr freuen als die Ferndorfer. Und das aus drei Gründen. Zum einen, weil nach 35 Minuten keiner mehr einen Pfifferling auf die Gäste gab. „Ferndorf war bis dahin klar besser und leidenschaftlicher“, gab Bohrmann zu, dessen Schützlinge sich bis dahin vor allem im Angriff haarsträubende Fehler geleistet hatten und auf der anderen Seite nicht das rechte Mittel gegen ihren ehemaligen Mitspieler Marijan Basic, dessen Einzelaktionen und Pässe auf den anderen Ex-Dormagener Daniel Mestrum auf Linksaußen fanden.
Tobias Plaz, Co-Trainer, über die Aufholjagd der Dormagener
Erst als alles verloren schien, stellte Bohrmann um, ließ Basic — vielleicht ein wenig spät — durch Sebastian Damm in Manndeckung nehmen. Und siehe da, jetzt waren es die Hausherren, Fehler über Fehler produzierten, acht Minuten ohne Torerfolg blieben und sich plötzlich mit 24:26 (52. Minute) im Hintertreffen sahen. Und wäre nicht Mikk Pinnonen gleich zweimal in Folge an Ferndorfs Torhüter Lucas Puhl gescheitert, wäre das wohl auch bis zur Schlusssirene so geblieben.
Den zweiten Grund, warum sich die Gäste mehr freuten, offenbart der Blick auf die Tabelle. Der TSV Bayer hat mit dem einen Punkt bei den heimstarken Siegerländern (mit 15:9 Zählern auf Rang sieben der Heimtabelle) den Abstand zum rettenden Ufer gewahrt, teilweise sogar verkürzt. Und die Dormagener haben nach der sechswöchigen EM-Pause nur noch acht Auswärts-, aber elf (!) Heimspiele vor sich, darunter sechs gegen Mannschaften, die selbst um den Ligaverbleib kämpfen.
Grund Nummer drei: In diese Pause gehen die Bayer-Handballer — im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten — mit einem positiven Erlebnis, denn ein solches war das „Comeback des Jahres“ in den letzten 25 Minuten allemal. „Das zeigt, dass die Mannschaft intakt ist“, sagt Co-Trainer Tobias Plaz: „Wir müssen jetzt den Schalter auf Null drehen und eine seriöse Vorbereitung hinlegen, die wir hoffentlich mal komplett bestreiten können.“
Die beginnt am 10. Januar. Baustellen hat Jörg Bohrmann genug. Die größte dürfte sein, endlich Konstanz in die Leistungen seiner Schützlinge zu bringen. „Warum sie immer erst anfangen, guten Handball zu spielen, wenn alles schon verloren scheint, weiß ich auch nicht“, sagt der Trainer. Die zweitgrößte Baustelle betrifft die Regieposition. Weder Johnny Eisenkrätzer, wie schon in Friesenheim Fehlerquelle Nummer eins im Dormagener Angriff, noch Mikk Pinnonen scheinen in der Lage, den Ausfall von Dennis Marquardt kompensieren zu können.
Doch externe Verstärkungen sind offenbar so schwer zu finden wie die berühmte Nadel im Heuhaufen — in dem halben Dutzend Importspieler, das in der Weihnachtswoche am Höhenberg vorspielte, „war keiner dabei, der uns weitergeholfen hätte“, sagt Plaz. Am Aschermittwoch, 10. Februar, geht es weiter — die letzten 25 Minuten von Samstag haben gezeigt, dass noch längst nicht alles vorbei ist für den TSV Bayer Dormagen.