Unterkunft für die Drogen-Szene?

„Mein Grevenbroich“ möchte eine Aufenthaltsmöglichkeit für Drogen- und Alkoholkonsumenten schaffen.

Foto: Berns

Grevenbroich. Für die Polizei ist der Bahnhofsvorplatz kein besonders auffälliger Bereich, für die meisten Grevenbroicher dagegen schon — im negativen Sinn. „Angsträume“ in Städten, das sind die Ecken, in denen niemand länger bleibt, als er unbedingt muss. Sie beschleunigen nicht nur den Puls, sondern auch den Schritt. Der Bahnhofsvorplatz ist so ein Ort. Seit Monaten arbeitet die Stadtverwaltung mit dem Caritasverband und der Bahn an einem Konzept, das Reisenden und Passanten das mulmige Gefühl nehmen soll. Die Ergebnisse stehen noch aus. Derweil hat die Fraktion „Mein Grevenbroich“ einen eigenen Antrag an den Stadtrat formuliert.

Martina Surmann, Fraktionschefin „Mein Grevenbroich“

Um die Situation in den öffentlichen Parkanlagen und insbesondere im Bahnhofsquartier zu entspannen, soll die Verwaltung beauftragt werden, ein Aufenthaltsangebot für Personen aus der alkohol- und drogenkonsumierenden Straßenszene einzurichten und sozialpädagogische Betreuung sicherzustellen. „Dabei geht es nicht darum, die suchtkranken Menschen lediglich von ihren Plätzen zu verscheuchen — das würde das Problem nicht lösen, sondern nur verlagern“, sagt Fraktionschefin Martina Surmann. „Wir müssen uns aber auch einfach mal mit offenen Augen vor Ort umschauen und die Ängste, die die Anwohner äußern, ernst nehmen. Für viele Schüler führt der Schulweg vom Bahnhof über Bienefeld’s Gässchen. Die Befürchtung, dass dort Drogen an Kinder und Jugendliche herangetragen werden könnten, ist schon da, denn: Drogenkonsum und -handel beobachten die Menschen, die im Viertel leben, quasi jeden Tag.“

Auch die Tatsache, dass es keine öffentliche Toilette am Bahnhof mehr gibt, habe nicht zur Entspannung der Situation beigetragen, sagt Surmann. Viele Angehörige der Szene verrichteten ihre Notdurft seither einfach auf der Straße.

Die Fraktion „Mein Grevenbroich“ schlägt deshalb vor, in unmittelbarer Bahnhofsnähe eine geschützte Aufenthaltsmöglichkeit für Menschen zu schaffen. Dort soll es dann auch Beratungsmöglichkeiten geben.

In der Einrichtung, heißt es im Antrag, soll der Verzehr von mitgebrachtem niedrigprozentigen Alkohol und legalen Drogen ausdrücklich erlaubt sein, unter anderem um eine hohe Akzeptanz unter den Szene-Angehörigen zu erreichen, soziale Kontakte der Zielgruppe zu verbessern und als positiven Nebeneffekt zusätzlich die Bereiche Stadtpark und Bahnhofsquartier von den negativen Folgen des öffentlichen Alkohol- und Drogenkonsums zu entlasten.

„Das würde auch Respekt und Toleranz zwischen den Konsumenten und den übrigen Anwohnern schaffen“, sagt Martina Surmann. „Abgesehen davon würden wir uns für das Viertel wünschen, dass der Einsatz von Streetworkern und Sozialarbeitern vorangetrieben wird. Was nutzt es uns, wenn wir Wohnquartiere verschönern, ohne uns um die sozialen Brennpunkte zu kümmern?“

Geht es nach den Vorstellungen von „Mein Grevenbroich“, soll die neue Einrichtung im Umkreis von 500 Metern um den Bahnhof und die Methadonausgabestelle des MVZ an der Bahnstraße liegen, von 8 bis 21 Uhr geöffnet sein und eine Hausordnung haben, die den größtmöglichen Schutz der Nachbarn vor Störungen und Belästigungen regelt.

Letztere kommen immer mal wieder vor. 15 Mal ist die Polizei von Anfang Januar bis heute zu Einsätzen wegen Hilfeersuchen zum Bahnhof ausgerückt, zehnmal waren verbale Streitigkeiten der Grund. Zudem hat es zehn Fälle von möglicher Körperverletzung gegeben. Siebenmal wurden die Ordnungshüter zur Hilfe gerufen, etwa weil stark alkoholisierte Personen nicht alleine nach Hause fanden. „Für einen Bahnhof nicht ungewöhnlich“, sagt Polizeisprecherin Diane Drawe.