„Urban Gardening“ bald in Neuss

Auf Flächen der früheren Stadtgärtnerei will ein Forum der Neuss-Agenda ab Samstag vor allem Gemüse anpflanzen.

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Neuss. Mit dem Vorschlag, öffentliche Grünflächen gleich in großem Stil unter den Pflug zu nehmen, hielt vor vier Jahren der Begriff „Urban Gardening“ Einzug in den Sprachschatz der Neusser Politik. Damals versandete die Idee vom Gärtnern im öffentlichen Raum allerdings ganz schnell und spurlos, jetzt startet die Neuss-Agenda einen zweiten Versuch. Etwas kleiner als damals, aber dafür mit viel mehr Elan. Am Samstag soll es losgehen.

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Für Roland Kehl, den Sprecher der Neuss-Agenda, war ein Fehler beim ersten Anlauf, dass der Vorschlag von der Politik kam und nicht von bürgerschaftlichem Engagement flankiert wurde. Diesen Fehler will die Neuss-Agenda nicht noch einmal machen und hat das Projekt diesmal organisatorisch ganz anders aufgestellt.

Roland Kehl, Sprecher der Neuss-Agenda

Bevor überhaupt ein Blumentopf gefüllt wird, wurde unter dem Dach der Neuss Agenda ein neues Forum gegründet. „Transition Town Neuss — nachhaltig leben“ heißt diese fünfte Untergliederung, die durch Aktionen das Stadtleben nachhaltig beeinflussen will. „Urban Gardening“ soll ihr erstes Projekt sein.

Dieses „Gärtnern in der Stadt“ wird inzwischen in vielen Kommunen praktiziert. In Andernach, wo man das Modell einer „essbaren Stadt“ vor Augen hatte, als man große Teile der öffentlichen Grünflächen zur Nutzung als Blumen- und Gemüsebeet freigab, ist es schon sehr weit gediehen. An diesem Vorbild nahm die Neusser Politik vor vier Jahren Maß. „Transition Town“ geht nicht so weit. Ihr Projekt konzentriert sich auf Teile der 2012 aufgegebenen Stadtgärtnerei, die von den Hobbygärtnern auch nur so lange beackert werden dürfen, bis der angrenzende Botanische Garten um diese Flächen erweitert wird.

Umweltdezernent Matthias Welpmann gab einen Folientunnel, zwei ehemalige Anzuchtbeete und ein Staudenbeet frei, damit diese mit Blumen, Obst, aber vor allem Gemüse bepflanzt werden können. Das Gemüse werde in Recycling-Pflanzbehältern angebaut, die auf Paletten stehen, sagt Kehl. Das klingt nüchtern, ist aber gewollt, denn: „Wir wollen der Öffentlichkeit auch zeigen, dass Gärtnern in der Stadt mit wenig Aufwand möglich ist“, sagt Kehl.

„Urban Gardening“ ist neu, doch andere Modelle zur Mitgestaltung städtischer Grünflächen gibt es schon. Dazu ist sicher das „Guerilla Gardening“ zu zählen, das in Neuss allerdings nur toleriert wird. Die Folgen dieses „Gärtnerns im Untergrund“ sind immer dann zu sehen, wenn auch einmal Klatschmohn und Kamille blühen, wo vorher Rasen oder Bodendecker den (Farb)-Ton angaben. „Waffe“ dieser Gärtner sind sogenannte Seedbombs (Samenbomben), die einfach verteilt werden, um die Stadt bunter zu machen. Das gleiche Ziel verfolgt auch die BUND-Ortsgruppe um Ingeborg Arndt — aber mit legalen Mitteln. Ihr von der Bürgerstiftung mit dem Förderpreis „pro novaesio“ ausgezeichnetes Projekt „Neuss natürlich“ lässt in der Stadt Blumenwiesen entstehen. Weil nun ein Grünen-Politiker Umweltdezernent ist, wird daran gedacht, dieses Engagement zu verbreitern.