Verteidigerin von Sven F. will Mandat niederlegen

Die Neusser Anwältin des mutmaßlichen Kindermörders hat einen Antrag auf Entpflichtung gestellt.

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Neuss. Der vierte Prozesstag vor dem Düsseldorfer Landgericht um den Neusser Sven F., dem vorgeworfen wird, seinen elf Jahre alten Neffen Jörg getötet zu haben, begann mit einem Paukenschlag: Dagmar Loosen beantragte die Entpflichtung als Pflichtverteidigerin des Angeklagten. Als Grund führte sie unter anderem Zeugenaussagen auf, aus denen hervorgeht, dass der Neusser die Tat nicht begangen habe, sondern er mit seinem Geständnis ein Familienmitglied schütze — konkret geht es dabei um seinen ältesten Sohn oder seine Ehefrau.

Aus dem Vernehmungsprotokoll gehe zudem hervor, dass der Angeklagte bei der Polizei die Tat plötzlich gestand, als er damit konfrontiert wurde, dass seine Frau tatverdächtig ist. „Aus Gründen des Mandatsgeheimnisses ist es mir verwehrt, den Antrag darüber hinaus zu begründen“, so Loosen, die sich aufgrund der entstandenen Diskrepanz zwischen genannten Zeugenaussagen und Anklage gegen den Wunsch des Angeklagten aber „außerstande sieht, die Verteidigung sachgerecht fortzusetzen“.

Dies muss sie — Stand jetzt — aber wohl tun. Denn der Schwurgerichtsvorsitzende Markus Immel lehnte ihren Antrag auf Entpflichtung ab. Die Ausgangslage sei für diesen Schritt nicht ausreichend. Loosen wird nun eine Beschwerde beim Oberlandesgericht einlegen und bis dahin sozusagen „inaktiv“ verteidigen - also unter anderem keine Zeugenbefragungen durchführen.

Zum Hintergrund: Mit schwersten Verletzungen musste der elf Jahre alte Jörg am 5. Oktober vergangenen Jahres in der Weckhovener Wohnung seines Onkels von Rettungskräften reanimiert werden. Dort lebte der Schüler rund zehn Wochen, bis es zu dem Vorfall kam. Jörg kämpfte bis zuletzt um sein Leben, am 17. Oktober wurden die lebenserhaltenden Maschinen in der Düsseldorfer Uniklinik aber abgeschaltet.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Verdächtigen die körperliche Misshandlung des Jungen sowie Mord zur Verdeckung einer Straftat vor. Ihm seien schlichtweg „die Sicherungen durchgebrannt“, als sich der Junge über ihn lustig gemacht habe, hatte der Angeklagte als Grund für die mögliche Tat genannt. Am vierten Prozesstag ließen Rettungssanitäter den Tag Revue passieren, an dem sie den Jungen in der Wohnung reanimierten und ihn in zunächst ins Lukaskrankenhaus brachten. Bereits zu Beginn seien die schweren Verletzungen des Jungen aufgefallen, berichtete einer von ihnen. jasi