Weihnachtsmarkt: Ein Leben wie im Mittelalter

Seit einer Woche übernachten zwei Schausteller auf dem Münsterplatz.

Neuss. Wer morgens früh über den menschenleeren Weihnachtsmarkt auf dem Neusser Münsterplatz geht, glaubt nicht, dass hier Menschen übernachten. Doch im Mittelaltermarkt neben dem Quirinusmünster schlafen seit letzter Woche Udo Janßen und Patrick Blumnau jede Nacht bei Wind und Wetter bei ihren Ständen.

Patrick Blumnau hat zwar eine Wohnung in Neuss, aber zu Hause schlafen kommt für ihn nicht infrage: „Zum einen sind wir unsere eigene Standwache, weil wir hier einige Werte rumstehen haben. Zum anderen hat es aber auch Tradition, man behält einen klaren Kopf und es schützt vor Erkältungen.“

Janßen und Blumnau verkaufen — verkleidet in mittelalterlichen Kostümen — Mineralien und Honigwein und vermitteln den Besuchern einen Eindruck vom Mittelalter. „Früher gab es auch keine Heizung“, sagt Blumnau über die Kälte in den Zelten. Er schützt sich mit Wollkleidung und Ski-Unterwäsche. „Ich bin abgehärtet, letztes Jahr stand ich fünf Wochen in Essen, da war es in einer Nacht Minus 18 Grad kalt.“

Störend sei eher das Wetter: „Letzte Nacht hatte ich mit Wind und dem Regen zu kämpfen, aber das gehört einfach dazu“, sagt Udo Janßen. Die Schulkinder und Lieferwagen morgens früh hören beide schon nicht mehr: „Es ist eine Lebenshaltung, man muss das auch wollen“, sagt Blumnau, der fast jedes Wochenende im Jahr unterwegs ist. Eigentlich wollte der 36-Jährige, einer Familientradition folgend, zur Marine. In früheren Leben war er schon Industriemechaniker, Tischler, Zeitsoldat und Garten- und Landschaftsbauer.

Aber seit acht Jahren reist er mit Udo Janßen durch die Bundesrepublik. Sie betreiben neben den Ständen noch zwei Mineralienläden in Neuss und Esens. Als Angestellter von Janßen kann er zwar von seiner Arbeit leben, aber: „Wir kämpfen schon um unser Brot, man lernt aber auch, dass es nicht nur um Geld geht. Ich kann auch mit wenig leben.“ Wichtiger sind ihm die Fertigkeiten, die er in der Mittelalterszene aufgenommen hat. Er kann Dudelsack spielen, gibt den Fakir und hat in der Rolle des Marktvogts das freie Sprechen erlernt. „Früher hätte ich nie gedacht, dass ich sowas mal machen werde“, sagt Blumnau.

Zusammen mit seiner Frau — sie lernten sich vor drei Jahren auf einem Markt in Telgte kennen — will er dem Mittelalter treu bleiben: „Zurück ins alte Leben will ich nicht. Man schöpft viel Energie hier raus, bleibt in Bewegung und rostet nicht ein.“