Wohngeld wird oft nicht beantragt

Die Stadt Kaarst vermutet, dass viele, denen der Zuschuss zusteht, den Gang zum Amt scheuen.

Foto: Jens Schierenbeck

Kaarst. Ab dem kommenden Frühjahr bietet sich für Menschen mit Berechtigungsschein eine neue Bleibe an: An der Hubertusstraße entsteht ein Haus mit 18 neuen Wohnungen. Ursprünglich war es als Unterkunft für Flüchtlinge geplant, durch deren geringeren Zustrom steht es jetzt aber auch Kaarstern offen, die einen Wohnberechtigungsschein (WBS) vorlegen können. Genau 166 Familien und Einzelpersonen in Kaarst haben derzeit einen solchen WBS, der immer ein Jahr lang gültig ist und dessen Bewilligung vom Jahresbruttoeinkommen abhängt: Ein Zwei-Personen-Haushalt darf beispielsweise nicht mehr als 22 210 Euro verdienen. Für die Bearbeitung des Antrags wird eine Gebühr von zehn Euro fällig.

Doch nicht nur der WBS kann helfen, das Wohnen bezahlbarer zu machen. Wer als Einzelperson nicht mehr als 987,18 Euro netto monatlich verdient, kann Wohngeld beantragen, für Haushalte mit vier Personen liegt die Obergrenze bei 2127,92 Euro. „Aktuell beziehen 230 Haushalte in Kaarst Wohngeld“, sagt Frank Schnitker, Leiter des Bereichs Schule, Sport, Soziales und Senioren. In 215 Fällen wird diese Hilfe als Mietzuschuss gewährt. Anspruch auf Wohngeld haben aber auch Eigentümer, die Kredite abbezahlen und solche, die noch laufende Kosten für abbezahlte Immobilien tragen müssen. „Diesen sogenannten Lastenzuschuss erhalten 15 Bürger“, erläutert Schnitker. Eine bestimmte Gruppe kristallisiert sich dabei nicht heraus: „Die Bezieher sind ein bunter Strauß aus Alleinerziehenden, Alleinstehenden, Rentner, Familien und auch jüngere Pärchen“, zählt der Fachmann auf.

Bei rund 43 000 Einwohnern in Kaarst sei die Zahl von 230 Wohngeldbeziehern aber relativ niedrig. Seiner Einschätzung nach gibt es eine große Hemmschwelle, die Hilfe zu beantragen. „Manche wissen einfach nicht, dass es diesen Zuschuss gibt, aber die meisten scheuen den Gang zu uns“, ist Schnitker sicher.

Die Gründe für die Scheu der Menschen seien vielfältig: Die Offenlegung der Finanzen gehe keinen etwas an, man käme auch so klar, vielleicht würde man im Sozialamt gesehen. „Viele schämen sich. Dabei ist das Wohngeld eine gesetzliche Sozialleistung wie Kinder- oder Pflegegeld“, betont Schnitker. Die Stadt demonstriere so Bürgernähe und erfülle eine Pflichtaufgabe, denn ihr Säckel werde nicht belastet. Der Zuschuss kommt aus der Kasse des Landes. „Jeder Euro Wohngeld wird erstattet“, erklärt er. Außerdem unterliegen alle Mitarbeiter des Sozialamtes der Schweigepflicht. Er hofft, dass viele Bürger in Zukunft die Hemmschwellen überwinden: „Die Hilfe ist da, sie muss nur beantragt werden!“