Zeughaus: Reminiszenz an Bartók

Peter Gülke dirigierte die Deutsche Kammerakademie.

Neuss. Unter dem Titel "Besinnliche Reise mit Erzmusikanten" stand das Konzert der Deutschen Kammerakademie Neuss am Sonntag. Mit dem Motto tituliert der Veranstalter vermutlich die Komponisten Haydn, Wolf, Lutoslawski und Vasks. Doch als Erzmusikant muss noch ein Weiterer genannt werden: der Gastdirigent Peter Gülke. Er führte das Neusser Orchester auf ein hohes musikalisches Niveau. Ob Klassik oder Moderne - unter Gülkes Leitung blüht das Orchester auf und findet zu einer Klangsprache, die das Wesen der Werke steigert.

Das zeigt sich schon gleich mit dem Eröffnungsstück "Viatore" des Letten Peteris Vasks. Die an Minimalmusik erinnernde Komposition für Streichorchester beginnt mit einem geheimnisvollen, leisen Unisono, das plötzlich langsam und stufenlos in höhere Lagen gleitet. Nach vielfachen Wiederholungen minimalistischer, zumeist in Moll gehaltener Musikeinheiten kehrt das Unisono wieder und gleitet abermals in die Höhe, entschwindet wie ein außerirdischer Besuch. Den Streichern gelang es dabei, die Spannung über weite Strecken zu halten.

Eine besondere Entdeckung ist der Haydn-Zeitgenosse Ernst Wilhelm Wolf (1735-1792) und dessen Sinfonie e-Moll, die der Musikwissenschaftler Gülke für sein Neusser Gastdirigat ausgesucht hat. Allein die kleine Fuge im letzten Satz und die interessanten Harmonien sind eine musikalische Bereicherung jenseits der Klassiker Haydn, Mozart, Beethoven.

Die Kammerakademie nahm sich engagiert dieser selten gespielten Sinfonie an. Eindringlich, aber nicht forciert interpretierte das Orchester Witold Lutoslawskis "Musique funèbre" (entstanden 1955 bis 1958). Das Stück ist eine Reminiszenz an Béla Bartók und knüpft teilweise an Bartóks Ästhetik an, das Volksliedmelos mit der modernen Tonsprache in Einklang zu bringen.

Als Solitär für das Programm nach der Pause erkor Gülke eine Haydn-Sinfonie, die Nr. 83 in G-Dur und signalisierte damit die große Bedeutung, die der sonst so häufig ins Vorprogramm verbannte Wiener Klassiker für ihn hat. Detailarbeit und kluge Vorbereitung musikalischer Überraschungseffekte (die typisch für Haydn sind), führte zu einer Darbietung, die Freude macht.