Küche, Kräuter, Kampfeslust: Auf Mathilde Annekes Spuren
Drei berühmte Sprockhövelerinnen standen im Mittelpunkt einer Zeitreise zum 100. Weltfrauentag.
Sprockhövel. Der Blick auf die Frontseite des Bruchsteinbaus trügt: Alles sieht sehr herrschaftlich aus. Doch der Gang auf den Hinterhof des eindrucksvollen Gebäudes macht schnell deutlich: Das Haus war Teil eines Bauernhofs. Grüne, weite Wiesen, grün-weiße Schlagläden und Oberlichter, ein großes gleichfarbiges Tor.
Auch heute versprüht das Geburtshaus von Frauenrechtlerin Mathilde Franziska Anneke (1817-1884) an der Wittener Straße einen gewissen Charme.
Das durften am Samstag die Teilnehmer der Veranstaltung „Küche, Kräuter, Kampfeslust — Bergisches Land trifft Ruhrgebiet“ erleben. Sie machten zusammen mit der Gleichstellungsbeauftragten Sabine Schlemmer und Elke Brychta („Geschichte gestalten“) einen Sprung durch die Zeit: Auf den Spuren von Mathilde Franziska Anneke, Henriette Davidis (Kochbuchautorin) und Ursula von Reibnitz (Schauspielerin) wurde Historie lebendig. „Das ist auch für mich ein ganz besonderer Tag. Es ist das erste Mal, dass ich das Haus von hinten sehen darf“, stellte Stadtführerin Inge Haack nach rund 25 Dienstjahren begeistert fest. Schon oft hat die Historikerin Touristen und interessierte Laien am Anneke-Geburtshaus vorbeigeführt. Der Blick auf den Hinterhof blieb ihnen dabei stets verwehrt.
Bis heute: Denn im Zuge des 100. Weltfrauentages hat Sabine Schlemmer in Kooperation mit „Geschichte gestalten“ ein abwechslungsreiches Programm aufgetischt, das auch den Hausherren überzeugte. Insgesamt standen am Samstag fünf Orte, die im Leben bedeutender Sprockhövelerinnen einen Rolle spielten, auf dem Programm.
Während die Frühlingssonne die Steintreppen wärmt, herrscht im Inneren des Hauses kühle Luft. „Im Sommer braucht man nicht mal einen Kühlschrank — so kalt ist es im alten Gewölbekeller“, scherzt Eigentümer Herbert Hiby. Die Steinböden, die Holztreppe und auch der große Kamin sind Zeichen ihrer Zeit: „Das wurde alles erhalten.“
Derweil ist ein Teil der Gruppe schon wieder auf den anliegenden Wiesen. Dort wartet Elke Brychta, die alte Fotografien zeigt und aus der unvollendeten Autobiografie Annekes zitiert. Die berühmte Frauenrechtlerin, Schriftstellerin und Journalistin wurde 1817 in Sprockhövel (damals noch Hiddinghausen) geboren. Nach ihrer Scheidung lebte Anneke in Münster, schrieb für verschiedene Zeitungen und gründete sogar eine eigene Zeitung in Köln. Bis zu ihrem Tod 1884 lebte sie lange Zeit in den USA, wo sie als eine der wichtigsten Frauenrechtlerinnen gilt.
Für die Teilnehmer der Führung gibt es zur Stärkung Streuobstwiesen-Apfelsaft und Walnussbrot. „Wir stehen auf den Schultern von vielen Frauen und Frauenrechtlerinnen“, reißt Schlemmer kurz die Historie der Gleichberechtigung in Annekes ehemaligem Garten an. Dann geht es schon weiter in Richtung Haus Heine und Henriette Davidis. „Vieles, was sie heute erleben, ist im Umbruch. Haus Heine steht zum Verkauf“, bedauert Schlemmer. „Das ist alles sehr aufschlussreich“, sagt Teilnehmerin Karin Mrotzek. Sogar ihren Mann , der sich selbst als „Blankensteiner Kind“ bezeichnet, konnte sie für die Veranstaltung gewinnen. „Alle waren mit Feuereifer dabei,“ freut sich auch Schlemmer über die gelungene Veranstaltung.