Landwirt Stefan Jacobi: „Den Kopf über Wasser halten“

Die Milchbauern leben derzeit nur von der Substanz und versuchen die Kosten zu drücken.

Sprockhövel. Das Erntedankfest am Sonntag ist für die Landwirte auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten eine Selbstverständlichkeit. "Sicher feiern wir, das hängt ja nicht davon ab, dass die Preise für Milch und Getreide so niedrig sind", sagt Dennis Dittmer.

Seine Lebensgefährtin Anne Krevert hat eine Erntekrone gestaltet und auch Erntegaben wie Kartoffeln, Kürbisse und Äpfel wird er für den Gottesdienst in Haßlinghausen zur Kirche bringen. "Mit der Ernte an sich können wir ja auch sehr zufrieden sein, es gab in diesem Jahr kein Problem, sie einzufahren und auch die Erträge waren okay", berichtet Dirk Gelbrich, Landwirt aus Herzkamp.

Allen gemeinsam ist die Hoffnung, dass die Milch- und Getreidepreise irgendwann wieder anziehen. Vor einem Jahr noch hatten viele sich am Milchboykott beteiligt, um für Literpreise von 40 Cent zu protestieren, die die Milchproduktion erst rentabel machten. Derzeit erhalten sie 25 bis 26 Cent - etwas mehr als im Sommer immerhin. "Aber ich muss immer noch selbst Geld dazu tun", sagt Dirk Gelbrich. Schließlich müsse man vom Erlös nicht nur leben, sondern auch den Hof unterhalten.

Als Reaktion versuchen alle, die Kosten so weit wie möglich zu drosseln. Investitionen sind nicht drin. "Da fährt man die Treckerreifen eben, bis es gar nicht mehr geht", gibt Gelbrich nur ein Beispiel. Während einige Landwirte Subventionskredite aufgenommen haben, um Engpässe zu überbrücken, schießt Gelbrich Geld aus der privaten Altersvorsorge zu, um Löcher zu stopfen.

"Wir hoffen alle, dass die Marktpreise wieder steigen, wenn die Weltwirtschaftskrise überwunden ist und auch der asiatische Markt wieder mehr Lebensmittel kauft." Und sonst? "An etwas anderes möchte ich derzeit nicht denken", sagt Gelbrich. Als Familienbetrieb gebe man einen Hof nicht einfach so auf. In der Region sei ihm zumindest aktuell kein solcher Fall bekannt.

Landwirt Stefan Jacobi hätte eigentlich in diesem Jahr einen neuen Rinderstall bauen wollen, um die Tiere, deren Zahl er aus Rentabilitätsgründen immer weiter aufgestockt hat, besser unterbringen zu können. "Das ist aber nicht drin. Der Hauptteil unseres Gewinns speist sich derzeit aus Agrarsubventionen für die Flächen, die wir bewirtschaften. Sonst ginge es gar nicht", sagt er und gibt die Devise aus: "Den Kopf über Wasser halten."

Dennis Dittmer ist froh, dass zumindest seine Lieferanten kulant sind und sich auf Teilzahlungen einlassen, wenn in einem Monat viel Futter oder Saatgut anzuschaffen ist. "Die wissen auch, dass sonst noch mehr Landwirte in Liquiditätsprobleme kommen würden", sagt er. Er selbst habe schon versucht, einen Konjunkturkredit zu erhalten, aber da er den Hof von den Eltern seiner Freundin nur gepachtet hat, bemängelten die Banken fehlende Sicherheiten.

Da die Äcker inzwischen zum großen Teil bestellt sind, hofft er nun auf die etwas ruhigere und damit auch weniger kostspielige Zeit. Dass der Weizenpreis seit der Ernte um knapp einen Euro auf 10,50 Euro pro Doppelzentner gestiegen sei, nimmt er als gutes Zeichen - vor zwei Jahren lagen sie übrigens noch bei 26 Euro.