Prognoseunterricht: „Die Tests fand ich einfach“
Eltern und Kinder berichten von einer entspannten Atmosphäre. Ergebnisse gibt es erst in einigen Tagen.
<strong>Ennepe-Ruhr. Gestern, 11.30 Uhr: Es läutet zur Hofpause. Ganz langsam öffnet sich die Tür des Hausaufgabenraums der Gevelsberger Pestalozzigrundschule. Nach und nach kommen die 18 Viertklässler heraus, die dort seit Montag im dreitägigen Prognoseunterricht darauf getestet wurden, ob sie doch die Eignung für eine höhere als die von ihrer Grundschule empfohlene Schulform haben könnten. Der Test ist abgeschlossen. Mancher hat ein Lächeln auf dem Gesicht, mancher lässt sich wortlos von seiner Mama tätscheln. Den Eindruck großer Erleichterung, dass es endlich vorbei ist, erweckt eigentlich niemand. "Vor dem ersten Tag hat meine Tochter nicht geschlafen und war total nervös. Doch schon in der ersten Hofpause war sie ein anderes Kind, fröhlich und gelöst", sagt eine Mutter aus Hattingen. Ganz offensichtlich ist es Schulamtsdirektor Joachim Niewil, Gymnasiallehrerin Katja Striegen und Martina Zerr, Grundschulleiterin am Strücker Berg, die den Unterricht zusammen geleitet haben, gelungen, ein gelöstes Klima zu erzeugen. Dabei gab es neben Frage- oder Vorleseaktionen jeden Tag einen 40-minütigen Test. "Ich fand gar nichts blöd", steht auf einem der bunten "Feedback"-Kärtchen, auf denen jeder anonym und zwanglos seine Meinung über die drei Tage niederschreiben durfte. "Wir würden gerne immer so ruhig Unterricht machen", schreibt ein anderes Kind. "Die Rutsche war gut, weil sie so schnell ist und die Lehrer haben nicht rumgeschrien", lautet ein weiteres Urteil. Einige haben gar nichts geschrieben. Doch von vielen Müttern ist zu hören, dass ihre Kinder die Tests lösbar fanden. "Einfacher als in der normalen Schule. Ich denke, dass ich es geschafft habe", meint Lukas, für den es um die Gymnasialempfehlung geht. Bis zu zwei Wochen wird es allerdings noch dauern, bis alle wissen, ob sie auf ihre Wunschschule dürfen oder nicht. Bis dahin sollen die Bescheide vom Schulamt verschickt sein. "In vielen Fällen ergibt sich schon eine klare Tendenz. Wir werden sicher nicht allen Wünschen entsprechen können", sagt Joachim Niewil. Heute wird er sich mit seinen Kolleginnen zusammensetzen und die Eindrücke über jeden einzelnen Schüler durchsprechen. Die Tests hat das Trio immer schon nachmittags korrigiert und jeweils auch spezielle Bewertungsbogen ausgefüllt.
Reicht das Instrument des Prognoseunterrichts überhaupt aus, um sich ein tragfähiges Urteil zu bilden, für das die Grundschule fast vier Jahre Zeit hatte? "Zumindest waren die drei Tage genug, um die Kinder zu beobachten und auch zu bewerten, aber es ist ein sehr hoher Aufwand", sagt Martina Zerr.
Die Eltern der Prüflinge machen derweil deutlich, dass sie sich die Entscheidung, ihr Kind zum Prognoseunterricht anzumelden, nicht leicht gemacht haben, dass sie letztlich aber keine andere Wahl sahen.
Prognoseschüler: 58 von insgesamt 3214 Viertklässlern aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis mussten zum Prognoseunterricht, weil ihre Eltern der Grundschulempfehlung für die weiterführende Schulen widersprochen haben. Darunter waren zwei von insgesamt 262 Sprockhöveler Viertklässlern.
Drei Tage: An drei Tagen gab es je drei Stunden Unterricht in den Fächern Deutsch, Mathe und Sachkunde, inklusive jeweils 40-minütiger Tests, die vom Ministerium vorgegeben waren.
Unterricht: Den Unterricht durften die jeweils drei Lehrer unter der vorgegebenen Themensetzung selbstständig gestalten.
Drei Schulen: Prognoseunterricht gab es neben der Pestalozzi-Grundschule in Gevelsberg noch an der Grundschule Heggerfeld in Hattingen und der Grundschule Benschen in Witten.