Richtig jubeln will niemand

Landtagswahl: Unklare Machtverhältnisse in Düsseldorf werden auch in den Ortsparteien eifrig diskutiert.

Sprockhövel/Düsseldorf. Auch bei den Gewinnern des Wahlabends vom Sonntag, den Grünen und der SPD, herrschte gestern keine Jubelstimmung. Was ist mit diesem Ergebnis anzufangen, nachdem Rot-Grün in der Wahlnacht die sich abzeichnende Ein-Stimmen-Mehrheit verloren haben?

"Erst war die Stimmung bombastisch. Als die Zehntelpunkte in den Hochrechnungen nach 21.30 Uhr aber bröckelten, gab es doch einen Knick", berichtete der Sprockhöveler Grünen-Direktkandidat Thomas Schmitz von der Wahlparty aus Düsseldorf.

Eine klare Stimmung, ob man angesichts dieser Verhältnisse auch eine ungeliebte Koalition mit der Linken eingehen könnte, habe sich nicht ausmachen lassen. Zu den zwölf Grünen-Vertretern, die Gespräche mit anderen Parteien führen werden, gehört auch die langjährige Wittener Bundestagsabgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk.

Mit seinem persönlichen Ergebnis (12,7 Prozent) war Schmitz sehr zufrieden, wird darauf - weil zweistellig - im Grünen-Ortsverband einen Sekt ausgeben. Schmitz: "Die haben gesagt, nur keinen Rüttgers-Sekt."

Bei der SPD-Wahlparty in der Awo-Begegnungsstätte war von Euphorie wie noch nach der Kommunalwahl 2009 nichts zu spüren. Dabei hatte die SPD auf Stadtebene den Abstand zur CDU von 500 auf knapp 1500 (Zweit-)Stimmen deutlich vergrößert.

"Wir haben aber absolut fast 500 Stimmen verloren", gab der Stadtverbandsvorsitzende Werner Sauerwein zu bedenken. Großen Applaus gab es für Direktkandidat Rainer Bovermann, der kurz vorbeischaute. Schließlich hatte Bovermann sogar mehr (Erst-)Stimmen erhalten als vor fünf Jahren.

"Der Wähler hat uns einen schwierigen Auftrag erteilt, ich finde es aber richtig, dass wir nun zunächst mit den Grünen verhandeln und dann eventuell den Kreis erweitern", sagte Politikwissenschaftler Bovermann zur Reihenfolge bei möglichen Koalitionsgesprächen. Dann müsse sich zeigen, ob die Linke sich regierungswillig zeige. Nach deren Wahlprogramm hatten SPD und auch Grüne eine mögliche Koalition eher ausgeschlossen.

"Wenn man da Forderungen liest, wie "Konzerne entmachten", geht das gar nicht", sagte Sprockhövels Ortsverbandsvorsitzender Werner Sauerwein. Persönlich sähe er eine Große Koalition als das geringere Übel an. Voraussetzung wäre aber, das machte auch Bovermann klar, dass Wahlverlierer Rüttgers nicht die Verhandlungen führe und die CDU, obwohl sie einen Zehntelpunkt vor den Sozialdemokraten liegt, auf einen Führungsanspruch verzichte. Mögliche Verhandlungen mit der CDU wären ohnehin erst der zweite Schritt.

Während sich Sauerwein gestern erholen konnte, weil er an den Gesprächen des SPD-Vorstands nicht beteiligt war, war seine CDU-Mitbewerberin Regina van Dinther voll eingespannt. Vormittags Gespräche in Berlin mit dem CDU-Bundesvorstand, nachmittags in Düsseldorf im Landesvorstand.

Am Morgen hatte sie CDU-Kreisgeschäftsführer Martin Spittler eine SMS geschickt: "Jetzt müssen wir halt als CDU kämpfen." Am Wahlabend hatte sie sich ihm gegenüber trotz aller Enttäuschung über das Gesamtergebnis am Telefon erleichtert gezeigt, dass sie bei den Erststimmen leicht über dem CDU-Zweitstimmenergebnis liegt. Spittler: "Das zeigt, dass die Angriffe auf sie in den vergangenen Monaten keine Rolle spielten."

Genau wie vor fünf Jahren ist van Dinther - trotz Listenplatz drei - zunächst nicht im neuen Landtag, weil die CDU-Liste nicht zieht. Da die beiden Erstplatzierten Jürgen Rüttgers und Eckhard Uhlenberg ihre Wahlkreise direkt geholt hatten, ist sie aber wieder erste Nachrückerin, falls ein Kandidat verzichtet. Spittler: "Darauf hoffen wir natürlich." Van Dinther wäre einzige CDU-Vertreterin aus den Ennepe-Ruhr-Kreis.