Von Kühen und Verlassenen

Sprockhövel übernahm am Freitag den Staffelstab der Vier-Städte-Kunstaktion.

Sprockhövel. Wozu könnten Kühe eine Wasserwaage benötigen? Die Antwort liegt auf der Hand, wahlweise auch auf der Klaue: zu genau dem gleichen Zweck wie der Mensch. Von der Künstlerin Le Quan Chuong und ihren Helfern tadellos ins Lot gebracht, steht ein hölzernes Rindvieh seit am Freitag am Radweg in Haßlinghausen und schaut hinaus in eine leicht veränderte Welt.

"Kohle, Kühe, Kunst" heißt die Vier-Städte-Aktion im Rahmen von Ruhr 2010, die nach Ennepetal nun Station in Sprockhövel macht. Der Kuh-Aufbau stellte die Vietnamesin Le Quan Chuong vor einige Fragen: "Kombizange? Was ist Kombizange?" Doch statt einer Antwort kommt schon der nächste verwirrende Wunsch: "Wir brauchen noch eine Mutter."

Am Ende gestaltet sich das verschraubte Werk als amüsantes Sammelsurium mit Seil-Schwanz, Gummi-Euter und roten Lackschuhen. Das ist, findet die Künstlerin, ein Abbild der Lebensvielfalt im Ruhrgebiet.

Mit einem weinenden Auge betrachtet dagegen Martine Seibert-Raken aus Bonn die Region und hat auf das Gelände an der Poststraße "Die Verlassenen" gestellt. Die Skulpturen aus mächtigen Baumstämmen gelten ihr als jene Kumpel, die nach dem Zusammenbruch der Zechen in die Ratlosigkeit entlassen wurden und nun einen neuen Anker im Leben suchen.

Einen Haufen schöner Bruchsteine hat gleich nebenan Ines Müller aus Witten zur Spirale ausgelegt, die im Zentrum auf Moos, Rindenmulch und eine Opferkerze trifft. Die Spirale führe zurück zu den Wurzeln, erklärt Müller ihre naturnahe Kunst, die sich eigentlich auch ohne Erklärung erschließt.

Weniger einleuchtend erscheint "Vollkommen oder Nachbesprechung" von Helmut Berka aus Herne - zumindest der Titel und sein Bezug zu den sieben Schafsschädeln auf sieben Holzstangen. Die Sieben sei Schlüssel zu seiner Installation, sagt Berka, eben eine vollkommene Zahl mit ebenso vollkommener Bedeutung für die Menschheit. Zu ergänzen wäre, dass es nicht der buddhistische Teil der Menschheit sein dürfte, dem nämlich die Acht als vollkommen gilt.

Mit der bockenden Kuh als Sinnbild für die Aktion hat auch Anne Monetha aus Hattingen zu ihrem Kunst-Schluss gefunden. Ergebnis ist eine aufgespannte Kuhhaut, auf die das Sonnenlicht Linien und Gestalten zeichnen soll. Als gelernte Sattlerin erachtet Monetha das Arbeiten mit Naturmaterialien als Geschenk, dem nun noch die Sonne fehlt. Die Farben des gestrigen Tages waren nun mal gedämpft und unentschieden.