Zu diesen Polizisten fassen Jugendliche schneller Vertrauen
In jeder Wachschicht gibt es jetzt junge Kollegen, mit besonderem Draht zu Jugendlichen.
Sprockhövel/ Ennepe-Ruhr. Wenn Christoph Neuhaus nicht seine Polizeiuniform tragen würde, könnte man ihn sich gut und gerne noch auf der Schulbank oder in der Lehrwerkstatt vorstellen: Jugendliches Gesicht, modischer Kurzhaarschnitt und ein gewinnendes Lächeln.
Genau diese Attribute sind es, die man sich bei der Polizeiwache Hattingen/ Sprockhövel seit gut einem Jahr zu Nutze macht, um in der täglichen Polizeiarbeit einen besseren Draht zu Jugendlichen aufzubauen.
Der 27-Jährige ist einer von sechs Jugendstraßenpolizisten der Wache Hattingen. Auch in den übrigen Wachen der Kreispolizei gibt es seit Ende 2008 pro Schicht zwei solcher Streifenbeamten.
"Die Kollegen haben ihre Aufgaben im normalen Wachdienst bei Verbrechensbekämpfung, Unfallaufnahme oder Gefahrenabwehr, aber in all diesen Bereichen haben wir eben auch mit Jugendlichen zu tun, und da kann es nützlich sein, junges und speziell geschultes Personal zu haben", sagt Klaus Menningen, Leiter der Polizeiinspektion der Kreispolizei.
Das sei allerdings nicht vergleichbar mit "Ju-Cops" in großen Städten, die nur für Jugendliche zuständig seien. Menningen: "Dazu haben wir hier einfach nicht die großen Fallzahlen von auffälligen Jugendlichen."
Wenn es Probleme gebe, sei meist Alkohol im Spiel. Allgemeine Tendenzen, etwa dass zunehmend auch Mädchen bei Trinkgelagen oder Pöbeleien auffielen, seien freilich auch hier zu beobachten.
Besondere Brennpunkte in Sprockhövel kann Menningen erst recht seit der Schließung der Diskothek Kleinbeck aber nicht ausmachen. Auch der Busbahnhof in Haßlinghausen habe sich viel besser entwickelt als befürchtet, was Sachbeschädigungen und Ruhestörung angehe.
"Es gibt hier aber auch wenige Angebote für Jugendliche", sagt Jugendstreifenpolizist Christoph Neuhaus. Da sei es verständlich, dass sich Jugendliche ihre Treffpunkte suchen würden, beispielsweise rund um die Gesamtschule in Haßlinghausen.
"Viele Leute verbinden Ansammlungen von Jugendlichen gleich mit Randale, das sehe ich etwas anders", sagt Neuhaus. Deshalb sei er auch nicht gleich für "verscheuchen". "Sonst ist das Problem doch nur verlagert. Ich höre oft: ,Wo sollen wir denn hin?’" Er versuche es immer zuerst mit Hinweisen, keinen Alkohol zu trinken, auf das Umfeld Rücksicht zu nehmen und die Orte ordentlich zu verlassen.
Neuhaus: "Die Uniform schreckt zwar erst ab, aber wenn sie merken, dass man sich für sie interessiert, sind viele Jugendliche zugänglich." Mit Schmusekurs habe das nichts zu tun." Ab einem gewissen Zeitpunkt muss man sagen, jetzt gibt es nur noch diesen Weg", sagt Neuhaus.
"Den ein oder anderen kennen unsere Jugendstraßenpolizisten schon, dazu haben sie einen sehr kurzen Draht zu Jugendämtern", ergänzt Klaus Menningen. Hinweise an die Eltern und die Jugendämter seien wichtig, denn erst dort könne Sozialarbeit geleistet werden. Ziel sei, mögliche kriminelle Karrieren im Keim zu ersticken. Menningen: "Die allermeisten Jugendlichen die straffällig werden, tun das nur einmal, wenn man gegensteuert."
Und was war für Christoph Neuhaus die positivste Erfahrung in seiner Tätigkeit? Er muss nicht lange überlegen. "Da war ein Mädchen, das Selbstmordabsichten geäußert hat, weil sie in der Schule gemobbt wurde. Ich habe lange mit ihr gesprochen und ihr geraten, das Problem offen anzusprechen und vielleicht sogar die Schule zu wechseln."
Das habe sie dann auch gemacht und schien sehr zufrieden, als er sie Wochen später zufällig wiedergetroffen habe. Neuhaus: "Da merkt man, dass man etwas bewirken kann."