Dramatische Unfallzahlen THW macht auf „toten Winkel“ aufmerksam

Erkrath/Haan · Bei einer Verkehrs-Aktion des Kreises Mettmann und der Polizei demonstrierte die Haaner Ortsgruppe mit einem ihrer Lkw, wie Fußgänger und Radfahrer im sogenannten toten Winkel verschwinden – eine Hauptursache für schwere Unfälle.

Mit Hilfe des THW-Fahrzeugs ließ sich bei der Verkehrsaktion mit Experten deutlich demonstrieren, wie gefährlich es in unmittelbarer Nähe zu einem solchen Lkw werden kann.

Foto: THW

Etwa 140 Fahrradfahrer oder Fußgänger sterben in Deutschland jedes Jahr, weil sie von einem rechtsabbiegenden Lastwagen erfasst und überrollt werden oder auf eine andere Art und Weise, die mit mangelhafter Übersicht zu tun hat, in einen schweren Unfall verwickelt werden. 2019 gab es bundesweit fast 10.000 Unfälle mit Personenschaden beim Rechtsabbiegen. Die Ursache ist oft der „Tote Winkel“, also jener Bereich, den der Fahrzeugführer aus dem Inneren trotz Spiegel nicht einsehen kann.

Steffen Behnke ist Beauftragter für Öffentlichkeitsarbeit beim Haaner Ortsverband des Technischen Hilfswerks (THW). Er sagt: „Die Zahl der Verkehrsteilnehmer, in Haan wie auch im gesamten Kreis Mettmann, nimmt stetig zu.“ Lkw, Pkw, Radfahrer, Fußgänger – alle gemeinsam benötigten Sicherheit im Straßenverkehr. „Dafür braucht es Verständnis, Vorausschau und gegenseitige Rücksichtnahme“, betont Behnke.

Wie das funktionieren kann, das durften die Kinder der vierten Klassen der Regenbogengrundschulen in Unterfeldhaus und Erkrath jetzt bei einer Aktion des Kreises Mettmann mit Hilfe von Tanja Smigoc (Abteilung Verkehrssicherheit des Kreises), Bojan Smigoc (Kreisverkehrswacht) und Jessica Werner (Polizei) live erleben. Die beiden THW-Helfer Alexander Peters und Thomas Paeßler unterstützten das ganze mit dem Gerätekraftwagen des Haaner Ortsverbandes. Nach einem theoretischen Teil im Klassenraum ging es für alle hinaus in die Praxis.

Und die hatte es in sich: „Es ist das eine, den ,Toten Winkel‘ in der Theorie erklärt zu bekommen, aber etwas völlig anderes, direkt vor oder neben einem großen Lkw zu stehen“, berichtet Steffen Behnke. Insbesondere vom Fahrersitz aus sei den kleinen Verkehrsteilnehmern sehr schnell klar geworden, wie gefährlich eine zu große Nähe zu so einem riesigen Fahrzeug sein könne.

Egal ob vor, neben oder hinter dem Fahrzeug, es habe zahlreiche nicht einsehbare Bereiche gegeben, sagt der THW-Sprecher. „Sicher kann man sich nur sein, wenn man Blickkontakt mit dem Fahrer hat – auch das haben die Teilnehmer gelernt.“

Auch der ADAC macht auf das Thema aufmerksam

Lob gab’s dafür jetzt vom ADAC. „Aktionen wie diese tragen dazu bei, alle Beteiligten dafür zu sensibilisieren, wie gefährlich die unmittelbare Nähe zu einem Lkw sein kann, sagt Thomas Müther, Leiter der Kommunikations-Abteilung beim ADAC-Nordrhein. Der Verkehrsklub macht auch mit eigenen Aktionen immer wieder auf das Thema aufmerksam. Dabei erleben Schülerinnen und Schüler der vierten Klassen ebenfalls vom Fahrersitz eines Lkw aus, wie ihre Klassenkameraden im „Toten Winkel“ verschwinden.

Seit Beginn der Aktion im Jahr 2009 hat der ADAC bereits mehr als 2800 Klassen geschult. „Je nach Verkehrssituation ist es für Lkw-Fahrer selbst mit sechs Spiegeln eine große Herausforderung, alle Teilbereiche rund um das Fahrzeug permanent im Blick zu haben“, weiß ADAC-Experte Prof. Roman Suthold. Nicht zuletzt deshalb dürfen seit dem Jahr 2020 Kraftfahrzeuge über 3,5 Tonnen innerorts nur noch mit Schrittgeschwindigkeit rechts abbiegen. „Fahrer, die sich nicht daran halten, setzen das Leben anderer Verkehrsteilnehmer aufs Spiel“, warnt Suthold.

Ab Juli dieses Jahres müssen alle neu zugelassenen Lkw und Busse über Abbiegeassistenten verfügen. Der ADAC Nordrhein fordert Unternehmen auf, auch ihre Bestandsflotten mit solchen Assistenzsystemen nachzurüsten. Unfälle zwischen Lkw und dem ungeschützten Fuß- und Radverkehr ereigneten sich überwiegend innerorts, wo vermehrt noch ältere Nutzfahrzeuge anzutreffen sind. Nach Angaben der „Unfallforschung der Versicherer“ (UDV) könnten Abbiegeassistenten rund 60 Prozent der Unfälle mit getöteten oder schwer verletzten Radfahrern in Deutschland verhindern.

Zurück zur Aktion von Kreis, Polizei und dem Haaner THW: Dass die Mädchen und Jungen auch jede Menge Spaß hatten, wenn sie im großen blauen Lkw auf dem Fahrersitz saßen, lässt sich denken. Doch nicht nur deswegen war es für den Ortsverband des Technischen Hilfswerks, der für die Städte Haan, Erkrath und Mettmann zuständig ist, „eine große Freude, bei der Unfallprävention unterstützen zu können“. Steffen Behnke vrsichert: „Auch beim THW gehört Unfallverhütung zu unseren Tätigkeiten. Und am Besten lernt man das in der Praxis.“