Erstmals nach Skandalen Volksbank lädt erstmals zum Krisengespräch

<irwordspace style="word-spacing -0075em;"><irglyphscale style="font-stretch 97%;">Neuss/Düsseldorf </irglyphscale></irwordspace> · 100-Millionen-Betrugsfall, „Iran-Connection“, Bafin-Prüfung: Über diese Skandale spricht das Geldinstitut mit Vertretern.

Hauptstelle der Volksbank Düsseldorf Neuss an der Kö: Hier gab es im Dezember eine Razzia, um Beweismaterial sicherzustellen.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Anfang März haben rund 330 Menschen in Düsseldorf und Neuss Post von einer Bank bekommen, deren Geschäftsgebaren vor Monaten für solche Schlagzeilen sorgte: „100 Millionen Euro weg“, „Finanzaufsicht übernimmt Vorstand“, „Razzia bei der Volksbank“, „Iran-Connection alarmiert Bafin“ – soweit die Überschriften zu der wohl größten Skandalserie, die es je in der fast 150-jährigen Firmengeschichte der Volksbank Düsseldorf Neuss gab. Das Schreiben kommt von dem neuen Vorstand sowie dem Aufsichtsratschef der Bank und lädt zu einem Termin ein, in dem die Bank erstmals Antworten auf die ganz großen Fragen liefern will: Was ist eigentlich passiert? Wie konnte es dazu kommen? Und wie geht es nun weiter?

Der zweiseitige Brief liegt der Redaktion vor. Er richtet sich an die sogenannten Vertreter der Volksbank. Pro 75 Mitglieder des Kreditinstituts gibt es eine gewählte Person, die die Interessen von Kunden mit Genossenschaftsanteilen vertritt. Die Führung der Bank lädt diese Vertreter einmal im Jahr ein, um über aktuelle Themen zu sprechen. Der nun angekündigte Termin dafür am 26. Mai wird das erste Mal sein, dass die Volksbank auf einer eigens anberaumten Veranstaltung über die bundesweit berichteten Vorkommnisse spricht.

Die Einladung ist per Hand unterschrieben von Aufsichtsratschef Theodor Leuchten sowie den beiden Bafin-Sonderbeauftragten Michael Horf und Heiner Arnoldi. Die Finanzaufsicht hatte aufgrund der Skandale im Herbst den gesamten Vorstand der Bank durch diese beiden externen Manager ersetzt. Bisher hat sich keiner der drei ausführlich zu den Vorfällen erklärt. Dabei ist die Volksbank in einen internationalen Betrugsfall verwickelt und musste dafür hohe Rückstellungen bilden sowie Garantien vom Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) bekommen. Auch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt in der Sache, Anfang Dezember gab es Razzien in den beiden Hauptstandorten der Bank, in der Neusser Innenstadt und an der Kö. Damals hieß es von einem Sprecher: „Die Ermittlungen richten sich nicht gegen die Volksbank Düsseldorf Neuss selbst. Die Durchsuchungen betreffen die Bank lediglich als Dritte.“

Wenige Wochen vor Weihnachten wurde publik, dass die Bafin wegen einer weiteren Sache durchgreift: Bei einem Düsseldorfer Unternehmenskunden soll es über die Bank Transaktionen mit Iran-Bezug gegeben haben. Bei einer laufenden Prüfung der Finanzaufsicht geht es nicht nur um die verschwundenen 100 Millionen Euro – sondern auch um Defizite im Kampf gegen Geldwäsche. Auch der Dachverband BVR schaut sich die Kontrollsysteme bei der Volksbank an. Und der Aufsichtsrat lässt prüfen, ob der geschasste Vorstand finanziell zur Verantwortung gezogen werden kann.

All diese Prüfungen seien noch nicht abgeschlossen, das ist eine Botschaft aus dem Brief. Trotzdem aber sehe man die „besondere Informationsverpflichtung“ und wolle dieser nun nachkommen. Die neu eingesetzte Geschäftsleitung habe sich ein „umfassendes Bild über aktuell bestehende Risiken sowie Geschäfte, Prozesse und Strukturen“ innerhalb der Bank verschafft. Diese Erkenntnisse wurden mit dem Aufsichtsrat erörtert. Absehbar sei, dass man „spätestens im Mai über alle erforderlichen Erkenntnisse“ verfüge, um zu informieren. Die Reihenfolge dabei: Beschäftigte, Vertreter und „anschließend auch die breite Öffentlichkeit“.

Normalerweise informiert die Bank immer Mitte Februar mit einer Pressekonferenz über das Geschäft. Traditionell wurde dafür im Düsseldorfer Altstadt-Restaurant „Laterne im Schlossturm“ üppig aufgetischt und gerne auch mal mit Sekt angestoßen. Das war jedoch noch in einer Ära, die vor wenigen Monaten ein jähes Ende fand: Anfang November trat Rainer Mellis nach Druck der Bafin als Vorstandssprecher der Volksbank zurück – 13 Jahre nach seinem Amtsantritt. Aus dem Umfeld der Genossenschaftsbanken ist zu hören, dass es so pompöse Pressekonferenzen wie in Düsseldorf sonst nirgends gegeben habe.

Für dieses Jahr steht ein PR-Termin noch aus. Man wolle zunächst mit den Vertretern sprechen und die laufenden Prüfungen abwarten, heißt es von der Bank. Nach dem Vertretergespräch Ende Mai, das in der Neusser Veranstaltungsstätte Zeughaus stattfinden wird, soll im Juni eine „Vertreterversammlung“ folgen. Diese Zusammenkunft ist vergleichbar mit der Hauptversammlung eines Unternehmens: Im Kern steht die Vorstellung der Geschäftszahlen durch den Vorstand.

Im jüngst versandten Brief der Volksbank-Führung an die Vertreter steht, dass der Jahresabschluss 2024 noch nicht abschließend geprüft ist. Zwar stehen schon die Erträge fest, nicht aber das Bewertungsergebnis – ein entscheidender Punkt in der Bilanz einer Bank. Hier geht es darum, neben dem Tagesgeschäft das Ausfallrisiko von Krediten, etwa aus dem Immobilienbereich, miteinfließen zu lassen. Und Rückstellungen spielen ebenfalls eine Rolle. Schließlich fordert der französische Modekonzern Kiabi weiterhin seine verschwundenen 100 Millionen Euro von der Volksbank zurück.

In dem Schreiben betont die Bank, dass das Geschäftsjahr 2024 „operativ erfolgreich war“. Das Tagesgeschäft laufe ungestört. „Auffälligkeiten bei Kündigungen“ seien bei Kunden nicht zu erkennen. Allerdings gab es offenbar intern eine Veränderung: Ein hochrangiger Direktor soll die Bank „nicht freiwillig“ verlassen haben, heißt es von einem Insider. Das Institut ließ eine Anfrage dazu bisher unbeantwortet.

(now ctri)