Kirchenaustritt Einfach so raus aus der Kirche – das geht nicht

DÜSSELDORF · Wie ein Düsseldorfer Student seit Monaten am Nadelöhr Amtsgericht und dessen online vergebenen Termine für den Kirchenaustritt scheitert.

Viele wenden der Kirche den Rücken, aber einen Termin für den Kirchenaustritt zu bekommen, ist nicht leicht. Diese Erfahrung hat der Düsseldorfer Student Mike Kotysch gemacht. Foto: Kurz

Foto: Kirche

Seit Anfang des Jahres versucht Mike Kotysch aus der Kirche auszutreten. Doch das gelingt dem 27-jährigen Düsseldorfer Studenten nicht. Die vom Amtsgericht online vergebenen Termine sind immer ausgebucht. Seit Monaten geht das so: Am ersten Tag des Monats kann man sich zwar online um einen Termin an einem Tag der nächsten drei Monate bemühen. Doch kurz nach Freischaltung ist der virtuelle Kalender auf der Internetseite des Gerichts schon wieder rot gefärbt. Kotysch: „Ich versuche es immer wieder und hoffe, dass jemand seinen Termin absagt, aber seit Monaten finde ich kein grünes Kästchen.“

Auf den ersten Blick erscheint es erstaunlich, aber Kotysch kann dem Ganzen auch etwas Positives abgewinnen. Zeige der volle Kalender doch, dass viele Menschen so denken wie er. Er sei sein Leben lang mehr oder weniger gläubiger Christ gewesen, sagt er.  „Aber in den letzten drei bis vier Jahren habe ich zu meinem säkularen existenzialistischen Weltbild gefunden. Und religiöse Institutionen passen einfach nicht dazu.“

Dabei stehe für ihn als Noch-Protestanten nicht einmal der Missbrauchsskandal und der Umgang der katholischen Kirche damit im Vordergrund, obwohl er auch das verurteilt. Es gehe ihm um seinen persönlichen Glauben und ums Prinzip. Doch er kommt nicht aus der Kirche raus, weil das Amtsgericht keine ausreichenden Kapazitäten zur Verfügung stellt.

Auch sieht er, dass andere sich doppelt ärgern, weil sie Kirchensteuer für eine Institution zahlen müssen, in der sie nicht länger Mitglied sein möchten. „Mich als Studenten trifft die Kirchensteuer ja nicht“, sagt er.  Steuerpflichtige, die wie Kotysch erfolglos versuchen, einen Termin zu buchen, müssen weiter bezahlen. Das NRW-Justizministerium antwortete kürzlich auf eine kleine Anfrage der AfD im Landtag so: „Die Kirchensteuerpflicht endet bei einem nach Maßgabe der geltenden staatlichen Vorschriften erklärten Kirchenaustritt mit dem Ablauf des Kalendermonats, in dem die Erklärung des Kirchenaustritts wirksam geworden ist. Ein rückwirkender Eintritt der Wirksamkeit der Erklärung ist gesetzlich nicht vorgesehen.“ Selbst wenn jemand seine erfolglosen Versuche nachweisen könnte – es würde ihm nichts nutzen.

Joachim Horn, Vorstandsmitglied im Düsseldorfer Aufklärungsdienst, einer Regionalgruppe der humanistischen Giordano Bruno Stiftung, hat schon zwei offene Briefe an die Präsidentin des Amtsgerichts geschrieben: „Auch uns wäre lieber, Austritte aus Religionsgemeinschaften könnten unbürokratisch – wie bei jedem anderen Verein – vollzogen werden. Aber solange es in NRW die gesetzliche Regelung gibt, dass Austritte beim Gericht zu erfolgen haben, müssen Sie, Frau Präsidentin, auch ausreichend Kapazitäten dafür zur Verfügung stellen.“

Anders als beim Amtsgericht Köln, wo die Zahl der online vergebenen Austrittstermine von 600 auf mittlerweile 1800 im Monat gestiegen ist, liegt sie in Düsseldorf bei weiterhin nur 336 im Monat.

Elena Frick, Sprecherin des Düsseldorfer Amtsgerichts, sagt, dass es „für den Herbst aufgrund von Personalzuwächsen gegebenenfalls möglich sein wird, einen Teil der Arbeitskräfte im Bereich Kirchenaustritte einzusetzen.“ Genau beziffern könne sie das jedoch nicht. Frick verweist darauf, dass das Gericht ja auch noch die Austrittserklärungen bearbeiten muss, die von einem Notar beurkundet werden. Eine solche Erklärung werde mit dem Eingang der Erklärung beim Gericht wirksam – weist sie auf eine Möglichkeit hin, schneller aus der Kirche auszutreten. Dafür fielen dann circa 20 Euro nebst Steuern zusätzliche Kosten an. Hinzu kommt die bei jedem Kirchenaustritt ohnehin fällige Gerichtsgebühr von 30 Euro.