Islam Wie der Moscheeverband Ditib um Anerkennung kämpft
Köln · Der neue Vorstand will endlich den Status als Religionsgemeinschaft erreichen.
Gut zehn Minuten redet Kazim Türkmen, neuer Bundesvorsitzender der Türkisch-Islamischen Union (Ditib), zu Beginn der Pressekonferenz, die als Gelegenheit „zum gegenseitigen Kennenlernen“ angekündigt worden war. Und die meiste Zeit könnte man den Eindruck gewinnen, die Diskussion um die politische Abhängigkeit der Ditib vom türkischen Staat hätte es nie gegeben.
Der neue Vorstand, knapp zwei Wochen im Amt, will die politischen Diskussionen über die Rolle des Verbands nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei im Juli 2016 hinter sich lassen. Im Mittelpunkt, so Türkmen, sollten künftig das Bemühen der Ditib um Anerkennung als Religionsgemeinschaft und die Neuregelung des islamischen Religionsunterrichts an den Schulen stehen. Dass er selbst als Botschaftsrat für Religionsangelegenheiten bester Beleg für den fortdauernden Einfluss Ankaras auf die Ditib ist, sieht Türmen nicht so: Er sei ehrenamtlich an der Verbandsspitze tätig und nicht in seiner Rolle als Diplomat.
Alle sieben Mitglieder des Bundesvorstands, darunter zwei Frauen, sitzen auf dem Podium. Aber fast ausnahmslos der Vorsitzende redet. Nach seinem auf Deutsch abgelesenen Eingangsstatement lässt er sich im weiteren Verlauf aus dem Türkischen übersetzen. Zur gerade für die formulierten Ziele notwendigen Ablösung der Ditib vom türkischen Staat sagt der 46-Jährige nur vage, Strukturänderungen bräuchten Zeit und müssten sich aus „inneren Dynamiken“ entwickeln und nicht durch „Forderungen von außen“. „Wohin das gehen wird, werden wir sehen.“
Türkische Religionsbehörde hat
Islamkonferenz organisiert
Vorerst treten die Verbindungen aber noch an allen Ecken und Enden zutage. Als Türkmen auf die umstrittene dreitägige europäische Islamkonferenz in Köln angesprochen wird, an der auch zwei Vertreter der islamistischen Muslimbruderschaft teilnahmen, verweist er darauf, die Ditib sei nur Gastgeber gewesen, die Organisation habe in den Händen der türkischen Religionsbehörde Diyanet gelegen. Eine erste Konferenz habe es bereits vor vier Jahren gegeben. In Köln habe man sich aber jetzt auf einen Zweijahresrhythmus verständigt. Das nächste Treffen sei 2020 in London oder Frankreich vorgesehen. Dabei sei die politische Haltung irrelevant. „Uns interessiert nur die religiöse Expertise.“
Beendet ist für Türkmen die Spitzelaffäre um Ditib-Imame unmittelbar nach dem Putsch. Es habe keine Anklage gegeben, sagt er, während sein Stellvertreter Ahmet Dilek neben ihm sitzt. Dilek war damals Religionsattaché des Kölner Generalkonsulats, dem eine zentrale Rolle bei der Erstellung von Dossiers über Erdogan-Kritiker zugeschrieben worden war.
Viel Zeit nimmt Türkmens Stellungnahme zur kritisierten Einweihung der Kölner Zentralmoschee durch den türkischen Präsidenten Erdogan im vergangenen September ein. „Dass das so gelaufen ist, war nicht unser Wunsch und hat uns betrübt.“ Vieles der Irritationen und Verärgerungen auf deutscher Seite sei der Zeitknappheit bei der Vorbereitung geschuldet gewesen, weil das Programm des Staatsbesuchs von Erdogan lange unbekannt gewesen sei.
Das ist überhaupt ein Muster der rund anderthalbstündigen Pressekonferenz: Es ist von Missverständnissen die Rede, davon, dass der Beitrag der Ditib zum gesellschaftlichen Leben „übersehen“ und „ignoriert“ werde, dass es „falsche Darstellungen und Wahrnehmungen“ gebe, auch „unberechtigte Angriffe“.
Türkmen räumt Versäumnisse der Ditib ein, spricht aber auch von einem „Gefühl der Ausgrenzung und des Nicht-willkommen-Seins“. Als besonders krasses Beispiel nennt er die „Bild“-Schlagzeile „Wie Terror-Geld Moscheen in Deutschland finanziert“ von Ende Dezember mit dem Foto der Kölner Moschee. Dagegen kündigt der Vorsitzende jetzt rechtliche Schritte an. Solche Berichterstattung sei mitverantwortlich für Angriffe auf Moscheen und Muslime.