Feuerwehr Wie sich die Feuerwehr mit neuem Chef wandelt

Düsseldorf · Seit einem Jahr ist David von der Lieth im Amt. Seitdem hat sich viel verändert. Und vielleicht wechselt die Wehr sogar bald ihre Farbe.

David von der Lieth (vorne links) mit Oberbürgermeister Thomas Geisel  vor einem Jahr.

Foto: Stadt Düsseldorf/Ingo Lammert

Die Feuerwehr ist keine Institution wie jede andere. Kein anderer  Beruf genießt ein so hohes Ansehen in der Bevölkerung und wer Feuerwehrmann (oder -frau) wird, tut das fast immer aus Leidenschaft. Seit einem Jahr ist David von der Lieth Chef der Düsseldorfer Feuerwehr. Mit dem 39-Jährigen wurde ein dynamischer Veränderungsprozess eingeleitet, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Entscheidend ist, dass die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr nicht leidet. Das hat sie zuletzt bewiesen, als in der vorvergangenen Woche mit dem Großbrand im Marienhospital, der Explosion mit einem Toten an der Erkrather Straße und dem Brand von 900 Strohballen in Angermund drei große Einsätze in drei aufeinander folgenden Nächten bewältigt werden mussten. Im Gespräch mit der WZ erklärt von der Lieth, wie das funktioniert.

Was hat sich für Sie im vergangenen Jahr verändert?

David von der Lieth: Es war ein spannendes Jahr. Ich kannte die Feuerwehr schon lange, aber das war ein Rollenwechsel. Man kann sich jetzt vor keiner Entscheidung mehr drücken und sie nach oben delegieren. Das ist die wichtigste Erfahrung.

Sie stehen für das Projekt „Feuerwehr 2020“. Es gab Stimmen, die befürchteten, damit wird die Feuerwehr klein gespart. Wie weit ist das Projekt?

Von der Lieth: Der Veränderungsprozess ist schwierig. Wir müssen agiler werden. Dazu kommen sehr viele Impulse von den Mitarbeitern. Wir haben zum Beispiel immer gedacht, dass unsere blauen Jacken und Hosen das Maß aller Dinge sind. Aber die Schutzkleidung hat sich weiter entwickelt. Die Feuerwehren in Köln oder Ratingen verwenden inzwischen ganz andere Textilien. Die sind nicht mehr so schwer, atmungsaktiver und schützen besser. Wir werden in den nächsten Jahren auch neue Kleidung anschaffen.

Das heißt, die Feuerwehr könnte auch die Farbe wechseln?

Von der Lieth: Ja. Das kommt auf den Hersteller an, bei dem wir letztendlich bestellen. Zurzeit testen wird Kleidung in beige.

Neue Kleidung kostet viel Geld. Wie soll das finanziert werden?

Von der Lieth: Wir sind dabei, unsere Beschaffung zu verändern. Nur ein Beispiel: Bisher galt bei der Feuerwehr das Prinzip, dass jedes Fahrzeug alles können muss. Darum waren Tanklöschfahrzeuge grundsätzlich mit Allradantrieb ausgerüstet. Im Innenstadtbereich ist das aber gar nicht erforderlich, sondern eher in den Außenbezirken, wenn Waldbrände bekämpft werden müssen. Dafür stehen geeignete Tanklöschfahrzeuge an verschiedenen Standorten der Freiwilligen Feuerwehren. Der Verzicht auf den Allradantrieb spart bei der Anschaffung eines Tanklöschzuges jeweils 100 000 Euro, ohne dass die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr darunter leidet.

Die Leistungsfähigkeit war zuletzt bei den drei Großeinsätzen in drei Nächten gefordert. War der Brand im Marienhospital der größte seit dem Flughafenbrand?

Von der Lieth: Er war zweifellos einer der Größten. Vor allem für den Rettungsdienst, weil so viele Patienten zu versorgen waren. Wir hatten 180 Kräfte vor Ort und weitere 140 Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr, die in den Wachen eingesetzt wurden. Der Einsatz hat gezeigt, dass die Leistungsfähigkeit unserer Feuerwehr exorbitant hoch ist. Ich muss aber auch dem Krankenhaus-Personal ein großes Lob aussprechen, das tolle Arbeit geleistet hat. Dass die Zusammenarbeit so gut geklappt hat, hängt aber auch damit zusammen, dass die ersten Einsatzkräfte, die vor Ort waren, das Marienhospital regelmäßig anfahren. Man kennt sich untereinander. Es hat auch seine Vorteile, dass Düsseldorf ein Dorf ist. Aber mit dem Ende des Einsatzes ist die Arbeit für uns noch lange nicht beendet.

Wie meinen Sie das?

Von der Lieth: Wenn ein Fahrzeug vom Einsatz kommt, dann ist es praktisch leer. Das gesamte Material muss gereinigt werden, von den Atemschutzmasken bis zu den Schläuchen. Das ist sehr aufwändig und kostet viel Zeit. Die Einsatzkräfte haben übrigens nach dem Brand im Marienhospital ihre Schicht ganz normal zu Ende gemacht. Bis  um sieben Uhr morgens.

Und wie belastend waren die beiden Einsätze in den folgenden Nächten?

Von der Lieth: Die Explosion an der Erkrather Straße war dramatisch, weil es einen Toten gab. Feuerwehrtechnisch war das etwa so wie ein großer Zimmerbrand. Der Rettungsdienst musste aber zehn Personen betreuen, darunter eine schwangere Frau. Wir hatten 40 Kräfte vor Ort. Der Einsatz war nach eineinhalb Stunden beendet.

Die Nacht danach war wesentlich länger, als in Angermund 900 Strohballen gebrannt haben..

Von der Lieth: Ja, der Einsatz hat 15 Stunden gedauert. Wir waren mit zwei Zügen und der Freiwilligen Feuerwehr vor Ort, weil eine Fläche von 15  mal 50 Metern brannte. Das war vor allem sehr viel Arbeit und langwierig.

Welche Rolle spielt die Freiwillige Feuerwehr in Düsseldorf?

Von der Lieth: Die ist ein sehr starkes Element. Ich habe größten Respekt vor Menschen, die sich dort ehrenamtlich einsetzen, obwohl sie wissen, dass sie am nächsten Morgen wieder zur Arbeit gehen müssen. In Düsseldorf ist das Interesse an der Freiwilligen Feuerwehr sogar gewachsen. Wir haben inzwischen 350 Ehrenamtliche, 50 mehr als noch vor einigen Jahren.

Das heißt, es gibt keine Nachwuchsprobleme?

Von der Lieth: Bei den Nachwuchsproblemen kann man schon sagen, dass auch die Feuerwehr Düsseldorf freie Stellen hat und viel Arbeit investiert werden muss, um ein attraktiver Arbeitgeber/eine attraktive Feuerwehr zu bleiben. Die Aufstiegschancen und die kontinuierlichen Weiterbildungsmöglichkeiten bei uns sind sehr gut und das ist mir wichtig. Wir hatten zuletzt 800 Bewerber für 20 Ausbildungsstellen zum Brandmeister. Rund 300 davon sind schon beim Onlinetest durchgefallen, den jeder zu Hause machen kann, das ist alarmierend. Auch beim Sporttest sind viele durchgefallen. Das muss nicht sein. Ich selbst habe mich eineinhalb Jahre auf den Sporttest vorbereitet, als ich mich für die Laufbahn bei der Feuerwehr entschieden habe. Aber am Ende haben wir die 20 Stellen besetzt. Inzwischen werben wir auch um Seiteneinsteiger. Gerade hat sich ein ausgebildeter Arzt bei uns beworben, der Brandoberinspektor werden möchte. Bis zum Alter von 40 Jahren ist das möglich.