In der Region sind einige Projekte in der Pipeline Wie wir im Alter wohnen wollen

Haan/Hilden · In Haan hat der Runde Tisch für seniorengerechte Quartiersarbeit jetzt einen Prozess gestartet, an dessen Ende vielleicht ein gemeinsames Projekt zum Wohnen für Jung und Alt stehen könnte.

Paradebeispiel aus Hilden: Die Genossenschaft „Trialog“ hat auf einem 3200 Quadratmeter großen Gelände der früheren Kirche St. Johannes Evangelist an der Düsseldorfer Straße rund 8,4 Millionen Euro investiert.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Vor rund zehn Jahren schon interessierte sich Ulrike G. aus Haan für ein anderes Wohnen als das im für sie viel zu großen Einfamilienhaus. Aber es war die Wohnlage des Projektes in Hilden, die sie schließlich zurücktreten ließ. Bei einer ersten Diskussion über gemeinsames Wohnen in Haan für Alt und Jung war die Rentnerin wieder dabei. Und mit ihr knapp hundert weitere Interessenten. Die Resonanz auf die Veranstaltung des Runden Tisches Haan der seniorengerechten Quartiersentwicklung übertraf sämtliche Erwartungen. Es wird weitere Treffen Interessierter geben müssen, um viele Fragen zu klären, ein Konzept zu finden und am Ende vielleicht ein gemeinsames Wohnprojekt zu starten.

Die Ausgangslage: In den nächsten Jahren kommen bundesweit rund 20 Millionen Babyboomer ins Rentenalter. Sie alle wollen im Alter eine gute Nachbarschaft mit Versorgung und sozialen Kontakten haben, benötigen Wohnraum, der im Zweifel auch gesundheitliche Handicaps meistern hilft – breite (rollatortaugliche) Türen oder ein Aufzug für die Barrierefreiheit sind dabei nur einzelne Aspekte. „Wir wollen zum Nachdenken anregen und bestenfalls in Haan zur Hebamme für innovative Wohnformen werden“, sagte Rolf Brockmeyer vom Runden Tisch.

Die Stadtverwaltung ist im Prozess „ein wichtiger Player“

Annette Herz, Erste Beigeordnete der Stadt Haan und Dezernentin unter anderem fürs Soziale, sagte, Wohnen sei mehr als nur das Dach überm Kopf. Wohnraum müsse bezahlbar, barrierefrei und flexibel für ältere Menschen sein. Die Stadtverwaltung sei im Entwicklungsprozess „ein wichtiger Player“; denn die meisten bau- und planungsrechtlichen Entscheidungen liegen bei der Kommune. Karin Nell von der Initiative WQ4 Düsseldorf fasst den Wohnungsbegriff noch weiter: Wohnen berühre alle existentiellen Themen des Lebens – von der Höhe des Waschtisches bis hin zur Entscheidung über die letzte Phase des Lebens. Nell verwies in ihrem Impulsvortrag auf die „Wohnschule“, in der Menschen auf Fragen zum Wohnen gestoßen und zu Antworten geleitet werden. „Wenn man nicht weiß, wie man leben will, weiß man nicht, wie man wohnen soll“. Wohnprojekte müssten stets von der Gemeinschaft aus gedacht werden und die Angst vor dem Alleinsein im Alter sei keine gute Motivation für eine Entscheidung, mahnte Karin Nell. Und: Angehörige und Kinder seien nicht unbedingt die richtigen Ratgeber bei der Entscheidungsfindung!

Für das Wohnen im Alter gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten. Ob die Alt-Immobilie für eine Wohngemeinschaft angepasst wird, ob eine Wohnung in einer Wohnanlage für Generationen bezogen wird oder der Umzug in sein Service-Wohnprojekt angestrebt wird – alles hat Vor- und Nachteile. Ob ein Wohnprojekt als Genossenschaft aufgezogen ist, die Wohnungen gemietet oder Eigentum sind, muss überlegt und diskutiert werden. Für einen Hinweis von Karin Nell gab es viele Lacher: „Je älter die anderen werden, desto schwieriger werden die – alt sind immer nur die anderen“, fasste Nell viele ihrer Erfahrungen zusammen. Und: Sich kleiner zu setzen, sei eine ganz schwierige Aufgabe, meinte Nell und sprach von „Wohnen mit leichtem Gepäck“.

Vier denkbare Ziele
wurden zum Auftakt vorgestellt

Die Bedürfnisse seien auch höchst unterschiedlich. Wer etwa Zeit seines Lebens immer mit vielen Menschen zu tun gehabt habe, wolle vielleicht einfach seine Ruhe. Wer die Berufszeit überwiegend allein vorm Computer verbracht habe, wolle möglicherweise Kontakte. Viele der Teilnehmer in Haan hinterließen Kontaktdaten und Notizen über Wünsche und Vorstellungen. Jetzt will der Runde Tisch alles auswerten und dann kleine Kreise einrichten, in denen weiter diskutiert werden kann. Die Arbeiterwohlfahrt Haan wäre bereit, Informationsfahrten zu interessanten Projekten zu organisieren.

Vier denkbare Ziele stellten sich bei der Auftaktveranstaltung vor: Trialog aus Hilden, das Wohnen in Gemeinschaft Ulmer Höh in Düsseldorf, das Laubendorf Düsseldorf und das Projekt Lebensraum aus Wuppertal. Letzteres steckt noch in der Planungsphase. Gerade scheint ein großer Hof in Cronenberg gefunden, der in zehn Wohnungen umgebaut werden würde. Ein Sprecher der Initiative sagte, erst wenn ziemlich konkrete Adressen bekannt seien, käme es zu Kontakten mit jungen Familien (die Entscheidungen über Schulen und Kitas mitdenken müssten).

Das Laubendorf in Düsseldorf (übrigens vom gleichen Architekten entworfen wie das preisgekrönte Hildener Projekt Trialog) basiert auf Eigentumswohnungen in Größen zwischen 40 und 150 Quadratmetern. 25 sind barrierefrei und haben rund 5500 Euro je Quadratmeter gekostet.

Im Projekt an der Ulmer Höhe wird auf Mietwohnungen gesetzt: „Es macht keinen Sinn, im Alter noch groß Eigentum zu schaffen“, ist ein Motto. Der Verein selbst ist seit zehn Jahren so etwas wie „Massenmieter“ (für rund 50 Wohnungen) in einem Investoren-Objekt mit insgesamt 400 Wohnungen. Die Düsseldorfer Wohnprojekte betonen die gute Unterstützung durch die Stadtverwaltung, die eine eigene Abteilung zur Förderung von Wohnprojekten betreibt.

Ganz anders ist Trialog im Hildener Westen konzipiert. Die Genossenschaft hat auf einem 3200 Quadratmeter großen Gelände der früheren Kirche St. Johannes Evangelist an der Düsseldorfer Straße rund 8,4 Millionen Euro investiert. Jeder Genossenschaftler – die Aufnahme neuer Mitglieder muss einstimmig beschlossen werden – hat eine Einlage von 600 Euro je Quadratmeter seiner Wohnung eingezahlt; die Wohnung selbst ist gemietet. Eine große Hilfe bei der Verwirklichung waren öffentliche Fördermittel für ein Drittel der Wohnungen. Die eigene Wohnung ist für jeden der persönliche Rückzugsort. Die Kommunikation mit anderen läuft auf Gemeinschaftsflächen oder auf den breiten Laubengängen vor den Wohnungen.