1000 Menschen demonstrieren zum 1. Mai: Schaeffler als Mahnung
1000 Teilnehmer bei den Kundgebungen des DGB. Die Sorge um den Erhalt sicherer Arbeitsplätze in Wuppertal wächst
Wuppertal. Etwa 1000 Teilnehmer folgten am 1. Mai dem Aufruf des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und nahmen an einem Demonstrationszug von Unterbarmen nach Elberfeld sowie der Kundgebung und dem Familienfest auf dem Laurentiusplatz teil. Für Sabine Müller Eberts ist es eine Selbstverständlichkeit, am Tag der Arbeit zu den Demonstrationen zu gehen. „Der Aufschrei, die Tomaten und die Eier fehlen“, beschreibt sie ihre Eindrücke. Im Gegensatz zu ihren Studienzeiten laufe alles ein wenig friedlicher und geregelter ab. Daher fehle ihr der „Aufschrei“ der Arbeiterbewegung, „obwohl ich auch heute nicht mit faulen Tomaten und rohen Eiern werfen würde.“
Insgesamt fanden sich etwa 1000 Demonstranten und Neugierige vor der Laurentiuskirche ein. Unter dem Motto „Unser Tag. Gute Arbeit — Sichere Rente — Soziales Europa“, hatte der Stadtverband Wuppertal des DGB aufgerufen. „Jede zweite Frau und jeder dritte Mann befindet sich derzeit in einem unsicheren Arbeitsverhältnis“, sagte Martina Rößmann-Wolf vom DGB-Stadtverband und sprach ein brennendes Problem an: Den geplanten Stellenabbau bei der Schaeffler Technologies AG & Co. KG.
750 Stellen am Standort sollen abgebaut werden, was der Hälfte der Wuppertaler Belegschaft entspricht. Die Angestellten des familiengeführten Unternehmen hatten eigentlich die vertragliche Zusicherung, dass ihre Arbeitsplätze bis 2016 erhalten bleiben und erst danach mit dem Stellenabbau begonnen würde. „Ich dachte immer, mit dem Betrieb kannst du in Rente gehen“, sagt Bianca Zöllmer, Vertrauensperson bei Schaeffler. Seit 22 Jahren ist Zöllmer dort beschäftigt und hat bisher viel Vertrauen in ihren Abreitgeber gehabt. Um den Standort zu sichern, hatten die Mitarbeiter vor einigen Jahren noch Lohnkürzungen in Kauf genommen. Nun droht der Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler trotz seines Konzerngewinns von 884 Millionen Euro mit radikalem Stellenabbau.
Auch Oberbürgermeister Peter Jung appellierte an das Unternehmen „soziale Verantwortung“ zu übernehmen. Eine der lautstarken, mit Megafon ausgerüsteten Demonstrantinnen war Linda Weißgerber vom Frauenverband Courage. „Wir engagieren uns hier, da es viele Parallelen zwischen der Arbeit der Gewerkschaften und unserem Einsatz für Frauen gibt“, erklärte Weißgerber ihre Motivation. Besonders will ihr Verband auf die fehlenden Kitaplätze aufmerksam machen und auf die katastrophalen Arbeitsbedingungen für Frauen in Ländern wie Bangladesch hinweisen.
„Seit über 20 Jahren bin ich bei den Demos am Tag der Arbeit dabei und finde es wichtig, dass Angestellte und Arbeiter ihre Forderungen auf die Straße tragen“, sagt Thomas Frewer. So könnten sie sich Gehör verschaffen. Seine Beweggründe seien immer noch dieselben wie früher, doch am Charakter der Demonstrationen habe sich seitdem einiges geändert: „Es ist insgesamt ruhiger geworden.“
Noch nicht ganz so lange dabei, dafür jedoch sehr engagiert sind die Jugendlichen der Jugendorganisation der Alevitischen Gemeinde Wuppertal. Mit ihrem Slogan „Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht“, wollen sie für die Arbeiterschaft einstehen. „Wir sind die Arbeiter, es geht um uns und wenn wir uns nicht einsetzen, können wir auch nichts bewegen und verändern“, sagt Dilan Erdem von der Jugendorganisation.