Allein in der Geisterstadt: Der Hüter der 50 Musterhäuser

Hans Günter Honings lebt als einziger Bewohner in einer Siedlung mit 50 Häusern — er ist Hausmeister in der Fertighausausstellung.

Nächstebreck. Es sieht aus wie eine übliche Siedlung. 50 Häuser stehen dicht an dicht. Autos parken vor den Türen und die Hecken sind akkurat geschnitten. Aber einen Unterschied gibt es dann doch: Hausbewohner sind hier nicht zu finden. Lediglich ein paar Besucher, die sich die Häuser von innen angucken und sie woanders wieder aufbauen lassen.

Wenn man aber dann genau hinguckt, ist doch ein Bewohner zu finden: Hans Günter Honings wohnt zwischen den Ausstellungs-Immobilien. Sein Haus ist als einziges mit einem kleinen Törchen abgeriegelt. „Privat“ steht auf seinem Briefkasten, in den allerdings noch nie ein Brief geworfen wurde. Honings ist der Hausmeister der Fertighausaustellung „Eigenheim und Garten“ in Nächstebreck.

Seine Arbeit: Er hält das Außengelände der Ausstellung ordentlich. Rasen mähen, Hecken schneiden, Leuchtmittel austauschen, Straßen reinigen oder auch Schneeschippen im Winter fallen in seinen Aufgabenbereich. „Ich mache das schon seit elf Jahren“, erzählt er, „anfangs hatte meine Frau ein paar Bedenken, hier hin zu ziehen, aber ich nicht.“ Für ihn gibt es keinen großen Unterschied zum Leben außerhalb des Zaunes: „Natürlich könnte ich laut Musik hören oder nackt durch den Garten tanzen — aber das mache ich ja sonst auch nicht“, sagt er mit einer leisen Ironie in der Stimme.

Zwar gibt es keine ungeliebten Nachbarn — aber neugierige Besucher, die immer mal wieder bei Honings in der Küche stehen. Oft stößt er auf überraschende Gesichter: „,Hihi, hier wohnt ja wirklich einer‘, ist dann schonmal zu hören.“ Auch wenn der Hausmeister mit seiner Frau im Garten grillt, ruft der ein oder andere Besucher über den Gartenzaun. „Aber das gibt es ja auch bei normalen Nachbarn“, so Honings.

Wenn der 61-Jährige seine Post abholen möchte, muss er zum Haupteingang gehen. „Auch wenn ich Besuch bekomme, muss ich den anmelden.“ Parkgebühr wird bei seinen Freunden dann aber nicht erhoben: „Sonst wäre das ja hier wie im Knast.“

Genau wie in anderen Siedlungen sind die Fertighäuser beliebte Fundorte für Einbrecher: „Mein Haus hat es nie betroffen“, erzählt der Hausmeister, „aber die Berater-Büros. Bestimmt waren das Leute, die schnelles Geld machen wollten.“ Seitdem die Ausstellung durch eine Schranke abgeriegelt ist, haben sich die ungebetenen Gäste allerdings nicht mehr blicken lassen.

An andere spezielle Besucher kann sich der 61-Jährige auch erinnern. „Hier wurden schon verschiedene Werbefilme gedreht.“ Besonders geeignet sind die Musterhäuser für Werbungen von Reinigungsmitteln. „Auch der Lück hat hier mal gedreht.“ Aber all das war nie so besonders für den Hausmeister. „Das hat mich nicht so interessiert“, sagt er mit stoischet Ruhe.

Ihm selbst steht bald der Abschied bevor. Im Mai muss er aus seinem Haus ausziehen — und Ende des Jahres, wenn die Ausstellung abgerissen wird, ist die Hausmeisterstelle Vergangenheit und sein Lebensraum passé. „Natürlich werde ich das Leben hier vermissen“, sagt Honings — und dabei klingt doch ein wenig Wehmut durch. „Ich hätte noch gerne bis zur Rente gearbeitet.“