Als Gottesdienststörer verurteilt: Entscheidet jetzt das Oberlandesgericht?
Am Dienstag bestätigte das Landgericht die 1800-Euro-Geldstrafe für einen 64-Jährigen. Der Mann fühlte sich durch eine Predigt in der Sonnborner Hauptkirche politisch provoziert.
Wuppertal. Es war der Aufreger im August des Jahres 2010: Weil ihm Teile der Predigt nicht passten, störte damals ein Wuppertaler mit lautstarken Zwischenrufen den sonntäglichen Gottesdienst in der Evangelischen Hauptkirche an der Sonnborner Straße. Die Aktion endete mit einem Polizeieinsatz im Gotteshaus. Wie berichtet, wurde der damals 62-Jährige im Februar des vergangenen Jahres vom Amtsgericht deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt.
Dagegen ging er in Berufung. Bei der Verhandlung am Dienstag vor dem Landgericht wurde der Fall erneut behandelt und genau so beurteilt wie schon im Februar 2011: Die Berufung wurde zurückgewiesen, die Geldstrafe für den mittlerweile 64-Jährigen in Höhe von 1800 Euro (30 Tagessätze zu je 60 Euro) hat Bestand. Rechtskräftig ist das Urteil allerdings nicht. Am Dienstag kündigte der 64-Jährige gegenüber der WZ an, dass er gegen den Schuldspruch Revision zum Oberlandesgericht (OLG) einlegen werde.
Überraschend kommt das nicht: Wie berichtet, handelt es sich bei dem Verurteilten um den langjährigen Vorsitzenden der Initiative „Rettet die Schwebebahn“. Und bei jener Störaktion in der Sonnborner Hauptkirche ging es genau um Wuppertals Wahrzeichen beziehungsweise dessen millionenschweren Ausbau.
Erklärung des 64-Jährigen: In seiner damaligen Predigt, die unter anderem die Schwebebahn zum Thema hatte, habe der Pfarrer wissentlich „Unwahrheiten“ erzählt. Das habe er als politische Provokation empfunden und gemäß Martin Luther und der Kirchenordnung als politischer Christ das Wort ergriffen.
Hintergrund: An jenem Sonntag fand während des Gottesdienstes eine Taufe statt. Nach Ende der Zeremonie stand die Predigt an, die der 64-Jährige mit Zwischenrufen störte, wie er — wie schon im Verfahren vor dem Amtsgericht — bestätigte.
Dass die lautstarke Aktion bei vielen Besuchern des Gottesdienstes nicht gut ankam, ließ den 64-Jährigen kalt. „Die Leute seien nicht begeistert gewesen“, bestätigte er, „aber die sind am christlichen Glauben nicht so interessiert.“ Oberstaatsanwalt Wolf Baumert nannte das in seinem Plädoyer „anmaßend“. Eine Diskussion sei vor oder nach der Predigt möglich gewesen. Die vor Gericht vorgetragenen Schwebebahn-Thesen des 64-Jährigen — unter anderem sagte er, die Stadtwerke hätten in der jüngeren Vergangenheit zwei Auffahrunfälle provoziert — nannte der Oberstaatsanwalt „Verschwörungstheorien“.