Begrabt mein Herz in Wuppertal An der Natur einen Narren gefressen

Wollen Bäume umarmt werden? Uwe Becker ist sich da nicht sicher.

Uwe Becker ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien.

Foto: Joachim Schmitz

Wuppertal ähnelt, und gerade jetzt passt dieser Vergleich auch wunderbar, einem festlichen Adventskranz. Das Loch in der Mitte ist unsere arg trostlose Innenstadt. Drumherum ist ja sehr viel Grün, dichte Wälder, Flure und saftige Wiesen, aber leider fehlen in den Fußgänger- und Einkaufszonen einige grüne Oasen. Da sollte endlich ein Umdenken stattfinden. Leider mahlen die Mühlen der Verwaltung noch langsamer als eine Eiche wächst.

Viele von Ihnen wissen, dass ich täglich lange Spaziergänge mache. Mein Favorit hierfür ist unsere Hardt. Der Waldboden ist jetzt herbstlich mit den brauen Blättern belegt und wenn man die frische Waldluft tief einatmet, dann fühlt man sich stark, schön und kerngesund. Man kann sagen, ich habe an der Natur einen Narren gefressen. Ohne die fortwährende Bewegung im Freien könnte ich gar nicht leben und ein grauer Schleier der Traurigkeit würde sich über mich legen.

Allerdings hat auch die Liebe zur Natur ihre Grenzen. In meinem Alter hat man schon einige Menschen kennengelernt, die einen Hang zur Übertreibung haben und zu skurrilen Exzessen neigen. Vor einigen Wochen stieß ich auf einen Artikel, der sich mit Ökosexualität beschäftigte. Das Thema machte mich zunächst neugierig, stieß mich aber im selben Atemzug auch ab. Mein Wissensdrang war dann am Ende stärker, als mein Widerwille. Was ich dort alles zu lesen bekam, war schon irrwitzig und nicht jedermanns Sache.

Als Frau Merkel vor einigen Jahren die Sodomie verboten hat, fiel mir ein Stein vom Herzen. Da ich selber einen freundschaftlichen, liebevollen Umgang mit einer Pyrenäen-Schäferhündin pflege, lehne ich solche Praktiken vehement ab. Es gibt ja in einer freiheitlichen Demokratie genug Spielarten, seine Sexualität mit anderen Menschen oder alleine auszuüben, da muss man nicht auch noch ein Tier mit einbinden. Ökosexuelle wollen die Erde retten und schützen, wenden dabei aber Methoden an, die ich nicht gutheißen kann und will. Die Liebe zur Umwelt, so wie ich sie begreife, sollte nicht so weit gehen, dass man sich an ihr vergeht. Die Mitglieder der Ökosex-Bewegung sehen sich als Partner unseres Planeten: „Die Erde ist unsere Geliebte. Wir sind wahnsinnig und leidenschaftlich verliebt und wir sind jeden Tag dankbar für diese Beziehung.“ Das ist natürlich toll, wenn man in Mutter Erde leidenschaftlich verliebt ist, allerdings muss man dafür nicht zwingend Sex mit Pflanzen oder Wasserfällen haben.

Natürlich sind diese Menschen für unsere Umwelt besser als jeder Geländewagen, die Schwermetallindustrie und die Atomkraftwerke, die mit ihrem Müll unsere Erde nachhaltig belasten. Aber will ein Baum überhaupt umarmt werden oder dass ein Mensch sich an ihm reibt, um zum sexuellen Höhepunkt zu gelangen? Die Aktivisten behaupten, der Baum würde ihre Liebe spüren und so sein Einverständnis zu den Lustspielen geben. Ich stelle mir gerade vor, ich wäre so ein alter Baum, der überhaupt keine Lust auf derlei Handlungen hätte, ein Baum, der einfach nur im Wald stehen möchte, der im Frühling blühen und im Herbst seine Blätter verlieren möchte, der einfach nur seine Ruhe haben will. Ich könnte mich aber nicht wehren, könnte nicht fliehen, weil ich nur ein Baum bin. Ich sehe da keinen Unterschied zu Menschen oder Tieren, die man zu sexuellen Handlungen nötigen will. Wenn man liest, dass einige dieser Naturburschen sogar Erdlöcher penetrieren, dann hört bei mir die Freizügigkeit aber auf. Wenn mich nicht alles täuscht, ist die Natur selber in der Lage sich zu befrieden und zu befruchten.

Im Moment sind in unseren Fußgängerzonen ein paar Bäume mehr zu sehen, aber die kommen ja bald wieder weg, handelt sich ja nur um Weihnachtsbäume, die mit Elektrokerzen behangen auf ihr baldiges Ende warten. Seit einiger Zeit hat Wuppertal wieder eine Baumschutzsatzung, hoffen wir, dass nicht nur der Baumbestand Schutz findet, sondern auch Neupflanzungen geplant sind. Und möge sich der Eber gerne an unserer Eiche reiben – aber bitte kein Ökosex-Aktivist.