Wuppertal Analyse: Die Grundsteuer B beschreibt den Zustand einer Stadt

Analyse Es ist keine Scheindiskussion, wenn über die Höhe der Abgabe auf Wohneigentum gestritten wird.

Wuppertal. Noch scheint es nur eine Ankündigung zu sein, ein Vorratsbeschluss des Stadtrates für den Fall, dass der Bund etwa für die Versorgung von Flüchtlingen nicht endlich genügend Geld überweist. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr hoch, dass Wuppertal seine Grundsteuer B um 100 auf 720 Punkte anhebt. Das hat auf den ersten Blick den Vorteil, dass es sofort mehr Geld in die Kassen von Stadtkämmerer Johannes Slawig (CDU) spült. Alle anderen Folgen sind aber nachteilig. Warum?

1.) Der Vergleich mit dem Umland zeigt, dass vor allem die Städte eine verhältnismäßig hohe Grundsteuer B fordern, denen insgesamt der Ruf vorauseilt, wirtschaftlich auf keinem guten Weg zu sein. Dass Remscheid beispielsweise 784 Punkte für die Berechnung der Steuer zugrunde legt, kann auch als Indiz dafür verstanden werden, dass etwa an Gewerbesteuer viel zu wenig in die öffentlichen Kassen fließt. Wer sich eine Stadt zum Wohnen aussucht, dürfte auch auf solche Informationen zurückgreifen.

Das gilt 2.) ebenso für Menschen, die planen, Wohneigentum anzuschaffen. Der Leiter der Wuppertaler Wirtschaftsförderung, Rolf Volmerig, mag es für eine Scheindiskussion halten, wenn über die Höhe der Grundsteuer B debattiert wird. Für Häuslebauer oder Wohnungskäufer ist der Wert aber von Bedeutung. Er erhöht die dauerhaften Nebenkosten der Immobilie. Da kommen bei einer Nutzungsdauer von 30 Jahren schon einige Tausend Euro zusammen.

Die Grundsteuer B wirkt sich 3.) auch auf den Mietwohnungsmarkt aus. Das wäre in Wuppertal in besonderer Weise der Fall, weil es für die Stadt derzeit keinen gültigen Mietpreisspiegel gibt. Wird der endlich wieder erstellt, womit mittelfristig zu rechnen ist, hat das Auswirkungen auf die Mieten. Die sind vermutlich in Wuppertal zu niedrig. Das führt dazu, dass neuer Mietwohnraum kaum entsteht, weil die Mieteinnahmen die Finanzierung der Immobilie aufwiegen. Schon allein deshalb muss auch die Stadt Interesse an einem aktuellen Preisspiegel haben. Wenn aber die Mieten steigen und auch die Nebenkosten, weil der Eigentümer einer Wohnung die Grundsteuer B auf seine Mieter umlegt, dann wird Wuppertal als Wohnstandort weniger attraktiv.

Das hätte 4.) Folgen auf die Bevölkerungsentwicklung in Wuppertal. Die ist im Grunde zwar sehr erfreulich, weil die Einwohnerzahl nicht nur stabil ist, sondern neuesten Erkenntnissen zufolge sogar auf 363 000 anwachsen soll. Die Frage ist aber auch, welche Zuwanderung sich hinter dieser Zahl verbirgt. Derzeit wächst Wuppertal vor allem durch Zuwanderung aus dem EU-Ausland. Menschen aus Polen, Bulgarien, Rumänien, Portugal und Spanien suchen eine Zukunft im wohlhabenden Deutschland. Wenn Wuppertal will, dass mehr kaufkräftige Bürger in der Stadt wohnen, müssen die Rahmenbedingungen für diese Bürger günstig sein. Hohe Steuern und Gebühren sind nicht günstig.

Deshalb ist die Erhöhung der Grundsteuer B ein schlechtes Signal für Wuppertal. Die überschaubar höheren Einnahmen stehen möglicherweise in einem Missverhältnis zur Außenwirkung. Dass beispielsweise Hagen über einen Hebesatz von 800 Punkten verfügt, macht die Stadt im Ruhrgebiet bestimmt nicht attraktiver.

Abgesehen davon, dass die Kommunen mit allem Recht mehr Unterstützung vom Bund einfordern, wäre mehr Gewerbeansiedlung bei gleichbleibendem oder sinkenden Gewerbesteuersatz die Alternative. Da der Bund aber nicht viel mehr bezahlen wird und der Stadt genügend große Gewerbeflächen fehlen, wird die Erhöhung der Grundsteuer B unumgänglich sein.