Apotheken: Beratung oft schlecht

In vielen Wuppertaler Apotheken ließ die Beratung zu wünschen übrig, nur eine Apothekerin verhielt sich vorbildlich.

Wuppertal. Auf dem Arzneimittelmarkt nimmt der Kampf um die Kunden an Heftigkeit zu. Dabei droht den Apotheken nicht nur Konkurrenz aus den eigenen Reihen: Versandapotheken wie etwa DocMorris lassen im Internet die Preise purzeln und verdrängen alteingesessene Institutionen, wie jüngst die Dr. Schiemenz Apotheke in der Elberfelder Innenstadt, die ihre Türen schließen musste.

Einen Vorteil aber haben die Apotheken vor Ort ganz klar auf ihrer Seite: die direkte Beratung der Kunden. Ein Argument, das für viele Wuppertaler enorm wichtig ist und sie vom Kauf ihrer Medikamente über das Internet abhält (wir berichteten). Aber wie kompetent ist die Beratung in den Apotheken? Die WZ hat von den 83 Wuppertaler Apotheken 16 willkürlich ausgewählt und getestet - die Ergebnisse sind nicht besonders gut. Der Test ist nicht repräsentativ.

In der ersten getesteten Apotheken simulierte unsere Testperson einen leichten grippalen Infekt mit Fieber, Glieder- und Kopfschmerzen. Dann wartete sie auf die Beratung.

Vorbereitet haben wir uns in einem Gespräch mit dem Allgemeinmediziner Hendrik Viebahn. Er erklärt, wie sich Apotheker im Idealfall verhalten sollten: "Wichtig ist vor allem, dass man auf jeden Fall zum Arzt geschickt wird, wenn die Beschwerden nicht besser werden sollten.”

Doch das Wort "Arzt” fällt in diesem ersten Test in Barmen nicht. Stattdessen bekommt der WZ-Tester in Windeseile ein Kombinationspräparat gegen seine Erkältung ausgehändigt - von Beratung keine Spur.

Vielleicht waren die geschilderten Symptome zu harmlos, fortan lautete das Krankheitsbild: Fieber, Halsschmerzen und vor allem starke Ohrenschmerzen - Anzeichen für eine mögliche Mittelohrentzündung, mit der man unbedingt zum Arzt gehen sollte, sagt Viebahn.

Am Resultat änderte das allerdings kaum etwas: Zusätzlich zu dem Kombinationspräparat mochte man in dem meisten Apotheken nun Ohrentropfen und ein Mittel gegen die Halsschmerzen verkaufen. Nicht verkehrt, doch der wichtige Hinweis auf den Arztbesuch fehlte noch immer.

"Die Apotheker sollten klarstellen, dass diese Präparate allerhöchstens eine Übergangslösung bis zum nächsten Tag sind”, erklärt Viebahn. Doch so deutlich sagte das kaum einer von ihnen. Viebahn ist nicht überrascht: "Für viele Apotheken sind diese Einnahmen ein wichtiges Zubrot, die denken da erst einmal an sich.”

Erschreckend: Nur in einer der getesteten Apotheken redet man mit unserer Testperson Klartext. "Mit diesen Beschwerden sollten Sie lieber direkt zum Arzt gehen. Was wir Ihnen verkaufen können, hilft Ihnen da nicht viel", erklärte die Apothekerin - und blieb damit die einzige im Test, die nicht unmittelbar Medikamente anbot.

Der Test deckte aber auch noch weitere Mängel auf. Als der WZ-Tester die Situation in einer Apotheke in Elberfeld auflöste, gab der Apotheker sich sicher: Er hätte den Tester schon zum Arzt geschickt, hätte er gewusst, dass er bereits erfolglos andere Medikamente genommen habe. Nur gefragt hat er eben nicht. Nach diesem Hinweis wurde die Erklärung abenteuerlich: Er könne sehen, ob ein Patient bereits etwas genommen habe, erklärt der junge Mann in der Apotheke.

Mediziner Hendrik Viebahn ist über diese Aussage erschrocken: "Das ist überhaupt nicht möglich. So etwas zu sagen, das ist fast schon kriminell"

Fazit: In der Hälfte der getesteten Apotheken wurde unser Tester mit der simulierten Mittelohrentzündung am Ende des Gesprächs zumindest auf den Arztbesuch hingewiesen. Aber nur in einer einzigen Apotheke versuchte man nicht, ihm sofort mindestens ein Medikament zu verkaufen - sondern schickte ihn stattdessen gleich zum Arzt. Zumindest das war vorbildliches Verhalten.

Ratschlag "Einen guten Apotheker erkennt man daran, dass er nachfragt, ob man bereits andere Medikamente einnimmt, um eine Unverträglichkeit der Präparate auszuschließen. Zudem sollte er fragen, ob man weiß, wann und wie man das Medikament einnehmen soll und es dann gegebenenfalls erklären”, sagt Allgemeinmediziner Hendrik Viebahn. Wichtig sei auch der Hinweis auf den zuständigen Facharzt, falls die Symptome sich nicht bessern sollten.