Barbara Binner, die Liebe zur Kunst und eine alte Fabrik

Schwarzbach-Galerie bietet Kunst an einem Ort in der Stadt, an dem man sie am allerwenigsten erwarten würde.

Foto: Stefan Fries

Ein Leben zwischen zwei Polen — der elterlichen Fabrik und dem Wunsch nach Kreativität: „Kunst in der Fabrik“ beschreibt Barbara Binner ihre Schwarzbach-Galerie, benennt damit zugleich die Spannung in ihrem Leben. 2018 steht das Jubiläum zum 20-jährigen Bestehen der Galerie an. Ans Aufhören denkt die 75-jährige Oberbarmerin nicht. „Warum sollte ich?“, fragt sie und ergänzt: „Es macht immer noch Spaß, ich kann hier kreativ sein.“ Heißt: Sie wählt Kunst nicht nur aus, sie gestaltet sie liebevoll und ideenreich.

Wuppertaler

Kunst(t)räume

Wer die 1,45 Meter kleine, beredte Frau kennenlernen will, muss dahin, wo Kunst am allerwenigsten zu erwarten ist. Wo Begriffe wie „Problemviertel“ zuhause sind. Der bunte Erker des mehrstöckigen, schwarz-weiß umbauten Hauses aus dem Jahr 1895 fremdelt mit der eintönigen Straßenfront. Hinten schließt sich ein vielfach geschachteltes Gebäudekonglomerat der ehemaligen Werkzeugmaschinenfabrik Wiersbowsky an. Robuster Werkhallencharme mit Hängekränen, Schaltkästen, (meist) weiße Wände, schwarz gestrichene Böden. Bis zu 430 Quadratmeter Fläche für Ausstellungen, Lesungen, Konzerte.

Ihre Liebe galt schon immer Kunst, Musik und Kindern, weshalb Barbara Wiersbowsky (so Binners Geburtsname) Werkkunstlehrerin werden wollte. Die Unternehmerstochter lernte zwar Handarbeiten, wurde nach der Schule aber aufs Mädchenpensionat geschickt. Danach half sie der Mutter im Haushalt und dem Vater bei der Buchhaltung, holte deshalb eine kaufmännische Ausbildung an der Höheren Handelsschule nach. Im ersten „Kunstjob“ kamen ihr diese Fähigkeiten zupass: Sie folgte einem Aufruf des Kunst- und Museumsvereins und baute den Museumsshop des Von der Heydt-Museums mit auf. „Das war mein Shop“, erinnert sich Binner,

„Kunstjob Nummer 2“, die Galerie, entstand aus dem Gedanken, wirklich kreativ werden zu wollen und die 1981 ersteigerten Fabrikgebäude zu nutzen. Den Grundstock bildeten die Bilder eines ehemaligen Mieters: Der niederländische Maler Antoine Klinkhamer bestritt im September 1998 die erste Ausstellung — auf knapp 40 Quadratmetern im hinteren Gebäudeteil. Über die Jahre wuchs die Galerie, bezog zum Zehnjährigen, 2008, auch das Vorderhaus. Der Name der Galerie stand von Anfang an fest, der Straße und des gleichnamigen Gewässers wegen, das unter den Gebäuden hindurchfließt. Außerdem ist Schwarz die Lieblingsfarbe Binners.

Seit sie zehn war, malte sie, meist gegenständlich, brachte sich alles selbst bei. Heute schreibt Binner lieber. Insgesamt 42 Gästebücher erzählen mit vielen Einträgen und Fotos die über hundert Ausstellungen lange Galerien-Geschichte. Gezeigt wird Kunst, die etwas zu sagen hat. „Und wenn es nur ein Strich ist, der eine Aussage hat.“ Anfänglich lag der Fokus auf Wuppertaler Künstlern, später wurde es international — Spiegelbild der Reisen Binners. Zu jedem Künstler kann die Galeristin eine Geschichte erzählen — nicht selten waren sie in ihrer Wohnung zu Gast, die über der Galerie liegt, Ausdruck der langen Sammelleidenschaft ist.

Seit 2014 vermietet die (Groß-)Mutter ihre Räume für Ausstellungen, eigene Veranstaltungen sind seltener. So auch ab April, wenn der Wuppertaler Thomas Nentwich Fotoarbeiten zeigt. Und im September wird dann das 20-Jährige groß gefeiert.