Umweltschutz Baumschutzsatzung in der Kritik
Wuppertal · Seit das Instrument 2004 abgeschafft wurde, ist die Stadt statistisch grüner geworden. Das ist nicht die einzige Kontroverse.
Wuppertal diskutiert über die Wiedereinführung einer Baumschutzsatzung vor. Das wollen CDU und Grüne im Stadtrat, die in einem Kernbündnis zusammenarbeiten, das allein aber nicht über eine Mehrheit verfügt. Dieses Vorhaben, das voraussichtlich in der Ratssitzung im September mit einem Entschluss umgesetzt werden soll, steht jedoch aktuell in der Kritik. Wobei sich nicht nur SPD und FDP gegen die Rückkehr dieses Instruments aussprechen - auch die Verwaltung gibt sich skeptisch.
2006 wurde die Baumschutzsatzung von einer Ratsmehrheit abgewählt. 13 Jahre ohne stadteigene Regulierung von Fällungen im privaten Raum. Was hat sich getan? „In der Zeit ohne die Baumschutzsatzung ist es nicht zu dem befürchteten Kahlschlag gekommen“, sagt Ansgar Toennes, Ressortleiter Umwelt bei der Stadt. Wie viele Bäume im privaten Rahmen in den letzten Jahren wirklich gefällt wurden, kann keiner sagen, eben weil die Stadt diese Fällungen nicht mehr erfasst. Klar sei jedoch aus Sicht der Verwaltung: Zur Mehrzahl der öffentlich diskutierten Baumfällungen wäre es auch ohne die Baumschutzsatzung gekommen, beispielsweise weil es sich um Gefahrenbäume gehandelt hat. Bei diesen greift die Satzung ebenso wenig wie bei Fällungen im Waldgebiet. SPD-Fraktionschef Klaus-Jürgen Reese, Gegner der Baumschutzsatzung, erinnert sich, dass in der Zeit vor der damaligen Abschaffung neun von zehn Fällungen, die bei der Stadt beantragt wurden, auch eine Genehmigung erhielten.
Insgesamt ist Wuppertal in der Zeit zwischen 2004 und 2015 sogar flächenmäßig grüner geworden. Das geht aus einer Antwort der Verwaltung auf eine große Anfrage der FDP hervor. Demnach wuchs die Fläche der Grünanlagen im genannten Zeitraum von 813 auf 1013 Hektar und macht damit statt 4,8 Prozent der Siedlungsfläche im Tal sechs Prozent aus. Zudem wuchs auch die Waldfläche um 600 Hektar, während lediglich der Anteil der landwirtschaftlichen Flächen um fünf Prozentpunkte abgenommen hat.
„Mit erheblichem bürokratischen
Aufwand verbunden“
Bettina Brücher (Grüne), Vorsitzende des Umweltausschusses, sagt dazu: „Diese Zahlen sagen eigentlich nichts aus.“ Aus der Drucksache gehe schließlich nicht hervor, wie es um die Bäume auf privaten Grundstücken steht. Grünen-Fraktionschef Marc Schulz erinnert sich an viele Einzelfälle aus den vergangenen Jahren, in denen sich Bürger bei den Grünen gemeldet und die Fällung von größeren Bäumen beklagt hätten.
Kehrt die Satzung zurück, wird die Stadtverwaltung mehr zu tun haben. „Eine Baumschutzsatzung ist mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand verbunden“, sagt Ressortleiter Ansgar Toennes. Die Stadt muss für die Bearbeitung mindestens einen zusätzlichen Mitarbeiter einstellen. Auf die Bürger würden zusätzliche Kosten zukommen, so der Verwaltungsmann. Neben einer Antragsgebühr, die bei 50 bis 100 Euro liegen soll, kommen auch auf Privatpersonen gegebenenfalls noch Kosten für einen Gutachter dazu. Wenn es etwa in einem Fall zu klären gibt, ob ein Baum krank ist. „Unsere Sorge ist, dass Bäume, die unter die Satzung fallen würden, schnell noch vorher gefällt werden“, sagt Toennes.
Der Eigentümerverband „Haus und Grund“ glaubt sogar, dass Bürger abgeschreckt werden könnten, überhaupt noch privat Bäume zu pflanzen. SPD und FDP haben sich klar gegen die Wiedereinführung Positioniert. FDP-Fraktionschef Alexander Schmidt sieht die Baumschutzsatzung als „ein bürokratisches Monster für die Bürger unserer Stadt“. Das Fazit der Liberalen: Baumschutz ja, Satzung nein. SPD-Fraktionschef Klaus-Jürgen Reese sagt: „Es gibt keine bürgerfreundliche Baumschutzsatzung.“
Genau das allerdings ist das erklärte Ziel von CDU und Grünen. Die Christdemokraten meldeten in der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses genau wegen der fehlenden Bürgerfreundlichkeit Nachbesserungsbedarf für den ersten Satzungsentwurf der Stadtverwaltung an und schoben die Abstimmung auf die nächste Sitzungsrunde. In der Baumschutzsatzung wird etwa geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein Baum im privaten Bereich gefällt werden darf. Die Kriterien waren der CDU teilweise zu scharf. Hans-Jörg Herhausen aus der CDU-Fraktionsspitze sagt: „Das kann ja keiner mehr nachvollziehen.“ CDU und Grüne seien sich aber einig, dass nur noch über Detailfragen diskutiert wird. Die Baumschutzsatzung soll kommen.