Letzte Ruhe Begräbnisse im Wald: Bestatter fordern Vorstoß der Stadt Wuppertal
Wuppertal · 400 Wuppertaler lassen sich in Remscheid beerdigen, weil in ihrer Heimatstadt kein Begräbniswald existiert.
Wer den Wunsch hat, sich nach seinem Ableben im Wald am Fuße eines Baumes begraben zu lassen, hat in Wuppertal schlechte Karten. Einen sogenannten Bestattungswald gibt es in der Stadt nämlich nicht. Und so wie es aussieht, wird sich daran auch so schnell nichts ändern. „Wir haben in Wuppertal leider keine geeigneten Waldflächen“, sagt Annette Berendes vom Wuppertaler Grünflächenamt. Diese müssten rund 30 Hektar groß sein und dazu auch noch einen relativ einheitlichen Laubbaumbestand aufweisen, erklärt sie. Hinzu komme, dass auch entsprechende Gehwege, Parkplätze und Sanitäranlagen vorhanden sein müssen, damit die Angehörigen die Gräber auch besuchen können. „Ein Waldgebiet, das diese Anforderungen erfüllt oder entsprechend gestaltet werden könnte, gibt es derzeit in Wuppertal nicht“, so Berendes. Eine letzte Überprüfung habe 2017 stattgefunden.
Ralph Sondermann kann die Argumente der Stadt nicht nachvollziehen. Sondermann ist Bestatter und zugleich stellvertretender Vorsitzender des Wuppertaler Bestatterverbands. Er versteht nicht, warum die Verwaltung sich beim Thema Begräbniswald so schwertut. Zumal die Nachfrage nach Waldbestattungen groß sei und der Stadt somit eine Menge Geld durch die Lappen gehe. „Rund ein Viertel der Leute, die auf uns zukommen, interessieren sich dafür“, sagt Sondermann. „Das hat zur Folge, dass wir jährlich etwa 400 Wuppertaler im Remscheider Begräbniswald „Im Kempkenholz“ beisetzen. Dort gibt es auch keine besonderen Parkplätze oder Gehwege. Geht man außerdem von Kosten in Höhe von 1600 Euro pro Bestattung aus, dann kommt dabei schon einiges zusammen. Das ist Geld, das die Stadt Wuppertal gut gebrauchen könnte.“
Remscheider Waldfriedhof
hat bereits kaum noch Platz frei
Der Remscheider Begräbniswald Kempkenholz liegt direkt an der Grenze zum Wuppertaler Stadtteil Ronsdorf. Für Sondermann ein Grund, warum viele Wuppertaler nach ihrem Tod dort ihre letzte Ruhe finden. Das Problem: Der Waldfriedhof in Remscheid ist so gut wie voll. Nach neuen Flächen wird händeringend gesucht. „Die Stadt Wuppertal scheint aber kein Interesse daran zu haben, auf ihrem Gebiet einen solchen Wald zur Verfügung zu stellen“, sagt Sondermann. „Mir erschließt sich zum Beispiel nicht, warum die Bedingungen so hoch gesetzt werden. Warum muss die Fläche ausgerechnet 30 Hektar groß sein? Das geht doch auch kleiner.“
Sondermanns Bestatterkollege Christian Deimel sieht das ähnlich. Auch bei ihm sei die Nachfrage nach Waldbestattungen in den letzten Jahren angestiegen. Dafür macht Deimel vor allem zwei Faktoren verantwortlich: „Die Leute wünschen sich einerseits vermehrt den Bezug zur Natur, andererseits geht es ihnen natürlich ums Geld“, sagt er. Denn schließlich würden bei einem Urnen-Begräbnis unterm Baum die Kosten für die Grabpflege entfallen. Die Begründung der Stadt, warum es in Wuppertal keinen Begräbniswald geben könne, hält Deimel ebenfalls für fadenscheinig. „Eine bestimmte Größe des Waldgebiets vorauszusetzen, finde ich unsinnig. Es gibt außerdem einen Bestattungswald am Möhnesee, da stehen nur Fichten und wenn man sich das Kempkenholz in Remscheid anschaut, gibt es dort auch keine speziellen Wege oder Toilettenanlagen“, sagt Deimel. Für völlig unproblematisch hält er das Thema allerdings trotzdem nicht. So könne ein Friedhofsbesuch im Wald für ältere oder behinderte Menschen durchaus zur Herausforderung werden, gibt er zu bedenken. „Mit dem Rollstuhl durch den Wald zu kommen, das dürfte schon schwierig werden“, so Deimel.
Stadt verweist auch
auf den Naturschutz
Neben den Anforderungen an eine bestimmte Größe des Waldgebiets und die entsprechende Infrastruktur gibt es laut Stadt jedoch noch weitere Hindernisse, die einem Begräbniswald in Wuppertal im Wege stehen. Demnach seien viele Wälder auf dem Stadtgebiet gar nicht in kommunaler Hand, sondern in Privatbesitz. Auch der Naturschutz würde in vielen Fällen der Einrichtung eines Begräbniswaldes einen Riegel vorschieben, heißt es vonseiten der Verwaltung. Dass dies ein Problem ist, sieht auch Ralph Sondermann ein. „Klar, die Frage nach dem Besitz der Waldflächen macht das Ganze natürlich schwierig“, sagt er. Und dennoch kritisiert der Bestatter den aus seiner Sicht fehlenden Willen der Stadt, in der Sache voranzukommen. „Solche Dinge könnten auch aus dem Weg geräumt werden, wenn sich die Beteiligten zusammen an einen Tisch setzen würden, um eine Lösung zu finden. Da scheint die Stadt sich aber zu zieren.“
Derzeit gibt es in Wuppertal nur einen kommunal betriebenen Friedhof. Er liegt an der Lohsiepenstraße im Stadtteil Ronsdorf. Dem stehen mehr als vierzig Friedhöfe in kirchlicher Hand gegenüber. Für einen Großteil von ihnen ist der Christliche Friedhofsverband in Wuppertal zuständig. Ingo Schellenberg, Verwaltungsleiter des Verbands, beobachtet ebenfalls den Trend zur pflegefreien Grabstätte. Anfragen nach Waldbestattungen gebe es bei ihm allerdings selten, da es auf Friedhöfen in der Regel keinen klassischen Wald gibt. „Wir sehen es eher, dass Leute nach einem Begräbnis unter einem Baum auf dem Friedhof fragen“, sagt Schellenberg. „Dem versuchen wir natürlich gerecht zu werden, indem wir das Angebot nach und nach ausweiten. Eine Baumbestattung ist aber auch heute schon in Wuppertal möglich.“