Belebende Bürgerbeteiligung
Vor ein paar Tagen hat WZ-Redakteur Daniel Neukirchen in einem sehr lesenswerten Beitrag Wuppertal beschrieben, wie es ohne Vereine und deren Macher aussähe: kahl, leer, traurig, perspektivlos. Das krasse Gegenteil von dem also, was Wuppertal heute ist.
2500 Vereine, deren Mitglieder und Vorstände machen diese Stadt zu dem, was sie trotz aller finanziellen Sorgen ist. Sie machen aus Wuppertal eine Perle, einen Rohdiamanten, dem eigentlich nur noch der Schliff fehlt, um ein strahlender Edelstein zu sein.
Vereine nicht nur in Wuppertal sind lebendige Beispiele dafür, wie Stadt- und Dorfgesellschaften idealerweise funktionieren. Mehr oder weniger große Gruppen von Menschen setzen sich ein gemeinsames Ziel und arbeiten ehrenamtlich sowie mit dem Einsatz privater Mittel daran, dieses Ziel zu erreichen. Wuppertal ist voll von Beispielen, bei denen das gelungen ist. Die Nordbahntrasse ist vielleicht das derzeit prominenteste, ein anderes sehr wichtiges feiert in diesem Jahr Geburtstag. Es ist die Junior Uni, die ohne die unermüdliche und teils unentgeltliche Arbeit einiger weniger heute nicht so viele Kinder und Jugendliche in die Welt des Wissens begleiten könnte.
Aber es gibt weit mehr und viel weniger prominente Vereine, ohne die Wuppertal nicht Wuppertal wäre. Die Vohwinkeler, Ronsdorfer und Cronenberger beispielsweise, die sich um die dortigen Schwimmbäder kümmern, erhalten den Lebenswert ihrer Stadtteile. Die Ehrenamtler, die mit Bürgerbussen unterwegs sind, garantieren die Lebensqualität ihrer älteren Nachbarn. Die Elterninitiativen, die Kindergartenplätze geschaffen haben, leisten einen wertvollen Dienst an der ganzen Stadt.
Dennoch ist das Vereinsleben in die Jahre gekommen. Jene, die es kennen, schwören darauf, jene, die es nicht kennen, halten es für verstaubt und antiquiert. Die Folge ist der vielzitierte Nachwuchsmangel, der so mancher eingetragenen Interessengemeinschaft in den nächsten Jahren den Garaus machen wird. Die Folgen hat Daniel Neukirchen vor ein paar Tagen ebenso eindrucksvoll wie besorgniserregend geschildert.
Vereine haben ein Imageproblem. Dabei sind sie haargenau das, was die Stadt Wuppertal vor ein paar Jahren mit dem untauglichen Versuch erreichen wollte, ein überflüssiges Dezernat mit einem teuren, uninspirierten Beigeordneten zu unterhalten. Vereine sind Bürgerbeteiligung. Viele Aufgaben einer Stadtverwaltung blieben unerledigt, wenn nicht Privatleute sie erledigten. Die Schwimmbäder, die Bürgerbusse, die Rad- und Fußwege quer durch die Stadt, die Belebung der Wupperufer, der Erhalt des Zoos, des Museums, des Schauspiels und des Orchesters wären in der aktuellen Form nicht möglich, wenn sich Wuppertaler nicht letztlich zum Wohle der Allgemeinheit zusammengeschlossen hätten. Deshalb sind Vereine modern, sie sind zukunftsweisend und nehmen traditionell eine Entwicklung vorweg, die Kommunen wie Wuppertal unvermeidlich bevorsteht. An der Möglichkeit, eigentlich staatliche Leistungen zu vergesellschaften, wird sich in vermutlich nicht mehr allzu vielen Jahren die Lebensqualität von Städten entscheiden.
Hier hat Wuppertal dank eine Vielzahl von Bürgern, deren Vereinsinteressen über Kegeln, Skat und Taubenzucht weit hinausgehen, eine riesengroße Chance. Wenn Stadtverwaltung und Politik als Möglichmacher, als Planer und konstruktive Begleiter auftreten, dann kann echte, zielgerichtete, verständliche, transparente Bürgerbeteiligung entstehen. Nicht wissenschaftlich, nicht verkopft, ohne hoch bezahlten Dezernenten-Darsteller, sondern konstruktiv, partnerschaftlich, modern — und vor allem erfolgreich.