Bergische Wirtschaft Kinderbetreuung soll gegen Fachkräftemangel helfen

Wuppertal · Bergische Unternehmen setzen vermehrt auf Betriebskindergärten. Einer der größten Dienstleister dafür sitzt in Wuppertal.

Das Twinny Land beim Solinger Messerhersteller Zwilling.

Foto: ja/Uli Preuss

Sie heißen Bahnbinis bei der Deutschen Bahn, Edefanten bei der EDE in Wuppertal, Springende Pferdchen beim Marienheider Werkzeughersteller Pferd oder schlicht Gira-Kita. Mal sind sie in schicken Neubauten untergebracht, mal in stilvollen Villen oder einfach im Verwaltungsgebäude. Betriebskindergärten sind noch lange nicht die Regel – nur etwa fünf Prozent der deutschen Firmen mit 250 oder mehr Mitarbeitern haben eine – aber seit Jahren im Kommen. Auch und vor allem im Bergischen Land.

Gerade in Wuppertal finden sich gleich mehrere Kindertagesstätten, die ganz oder teilweise an Firmen angegliedert sind und so auch deren Mitarbeitern zur Verfügung stehen. Unter anderem bei der Barmenia, auf dem Gelände des Helios-Klinikums und beim Cronenberger Werkzeughersteller Knipex. Aber auch die Solinger Messer-Firma Zwilling, der Remscheider Technologie-Konzern Vaillant und der Radevormwalder Gebäudetechnik-Spezialist Gira unterhalten betriebsnahe Kitas.

„Das ist für uns ein ganz wichtiger Bestandteil unseres Unternehmens und unserer Unternehmenskultur“, sagt Lisa Kotthaus, bei Gira unter anderem für das Thema „Familie und Beruf“ verantwortlich. Seit ihrem Start vor gut fünf Jahren werde die Gira-Kita sehr gut angenommen. „Auch Mitarbeiter, die keine Kinder haben, sprechen von ‚unserer Kita‘ und sind stolz darauf.“

Gerade mal zwei Jahre seien von der ersten Idee bis zur Eröffnung vergangen, inklusive des Neubaus des Kita-Gebäudes, berichtet Lisa Kotthaus. „Wir haben damals festgestellt, dass Eltern, die aus der Elternzeit zurückkehren wollten, Schwierigkeiten hatten, eine adäquate Betreuung für ihre Kinder zu finden.“ Um in Zeiten des Fachkräftemangels nicht unnötig lange auf die Mitarbeiter verzichten zu müssen, wurde Gira aktiv.

Los ging es mit sechs Kindern, heute hat die Einrichtung zwei Gruppen, in denen 30 Kinder betreut werden. Und dazu gibt es eine gut gefüllte Warteliste. Was wohl auch an den arbeitnehmerfreundlichen Öffnungszeiten liegt. Die Gira-Kita hat wochentags von 6 bis 18 Uhr geöffnet und damit gute drei Stunden länger als viele andere Kindergärten.

Gira stellt „seiner“ Kindertagesstätte den notwendigen Platz zur Verfügung und trägt einen Teil der Kosten – betrieben wird sie aber vom Wuppertaler Träger Kita-Concept, der derzeit 24 Einrichtungen betreibt. 2020 sollen noch einmal drei neue, unter anderem in Kooperation mit Obi in Wermelskirchen, hinzukommen.

Kita-Concept übernimmt als anerkannter Träger der freien Jugendhilfe dabei nicht nur die formale Funktion, sondern nimmt den Firmen auch das Genehmigungsverfahren, die Verwaltung und die Personalsuche ab. „Der Betrieb einer Kita ist ja stark reguliert“, sagt Tim Seidel. Allein beim Bau gebe es unzählige Vorschriften zu beachten. „Das können und wollen die meisten Firmen nicht selber leisten.“

In den ersten Jahren
gab es vor allem Beratung

Seidel ist einer von vier Geschäftsführern bei Kita-Concept. Zusammen mit den drei anderen gründete er die Firma 2006. Ausgangspunkt war ein Projekt während des gemeinsamen Wirtschaftswissenschaftsstudiums an der Uni Wuppertal: Ein Kirchenkreis suchte Unterstützung bei der Neuorganisation seiner Kitas. „Damals haben wir Spaß an dem Thema gefunden“, erinnert sich Seidel. Die ersten Jahre bot Kita-Concept vor allem Beratung an, 2008 wurden dann die ersten Einrichtungen eröffnet. Ihr kleinster Kunde habe knapp über 100 Mitarbeiter, sagt Seidel, die meisten einige hundert.

„Viele sind Mittelständler, die sich gerne im sozialen Bereich engagieren“, erklärt Seidel. Aber auch wenn man es wirtschaftlich betrachte, rechne sich ein Betriebskindergarten. „Das lässt sich nicht immer in Zahlen ausdrücken, aber Untersuchungen zeigen, dass sich jeder Euro, den man Familienfreundlichkeit investiert, auszahlt.“ Denn dass es eine Kita mit erweiterten Öffnungszeiten – trotz Förderung – nicht zum Null-Tarif gebe, müsse jedem Unternehmen klar sein, so Seidel: „Hin und wieder bekommen wir Anfragen von Arbeitgebern, die erwarten, dass Kinderbetreuung nichts kosten soll, aber dann kann eine Kooperation nicht zustande kommen.“

Lisa Kotthaus von Gira möchte zwar keine Zahlen nennen, spricht aber von einer „sehr guten Investition“. Das scheinen auch die anderen Kunden von Kita-Concept so zu sehen. „Wir haben noch nie einen Kooperationspartner verloren“, sagt Tim Seidel. Und noch nie habe ein Kunde sein Engagement reduziert. „Das läuft eher andersrum, dass die Plätze erweitert werden.“ Und bei rund 300 000 Betreuungsplätzen, die derzeit bundesweit fehlen, wird das wohl auch erstmal so bleiben.